Grün inmitten von Grau

Cidade Matarazzo in São Paulo

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Image Credits: @ Cidade Matarazzo

São Paulo wird nicht ohne Grund als das New York Südamerikas bezeichnet. Im Herzen der Megametropole, dem Zentrum der Kreativszene Brasiliens, treffen verschiedensten Kulturen aufeinander und verleihen ihr eine gewissen Fortschrittlichkeit und Internationalität. Anders als in New York, mit dem weltbekannten Central Park als grüne Lunge der Stadt, wird die urbane Landschaft der brasilianischen Metropole allerdings von deutlich weniger Grünflächen gekennzeichnet. Inmitten dem, was manche als »Betonjungel« bezeichnen würden, befindet sich mit der Cidade Matarazzo jedoch ein beeindruckend ambitioniertes Projekt, welches sich zum Ziel gesetzt hat, das Umweltbewusstsein in Brasilien zu stärken und zur Transformation des Landes zurück zu mehr Wald- und Grünflächen aktiv beizutragen.

Für die Realisierung des Konzeptes »Grüne Stadt in der Stadt« wurde das Areal des verwaisten Entbindungskrankenhauses Matarazzo Hospital gewählt, gelegen in bester Lage nahe der Avenida Paulista, einem der wichtigsten Boulevards der Stadt. Auf insgesamt 45.000 Quadratmetern wurden 10.000 Bäume gepflanzt, die bestehenden Krankenhausgebäude renoviert und umfunktioniert und zudem weitere Neubauten errichtet, um einen Ort des umweltbewussten Wohlfühlens zu schaffen. Neben Büros, Wohnungen, Gastronomie und Hotellerie umfasst die Cidade Matarazzo auch Kultur- und Konferenzzentrum, einen Campus sowie einen Bio-Supermarkt. Das Projekt kann für sich beanspruchen, die bisher größte Denkmalrestaurierung Brasiliens zu sein.

 

 

Mata Atlantic Tower von Jean Nouvel

Dabei beweist die Cidade Matarazzo, das ökologisches Bewusstsein und Designanspruch sich nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Markantestes Gebäude der Anlage ist wohl der neu entstandene Mata Atlantic Tower, ein von Pritzker-Preisträger Jean Nouvel entworfener, 32 stöckiger Wolkenkratzer. Mit 200 bis zu 14 Meter hohen Bäumen, die entlang der Fassade einen vertikalen Wald bilden, ist der Turm nicht nur ein architektonisches Kunstwerk, sondern vielmehr ein politisches Statement und ein Symbol des Widerstands gegen die Zerstörung der Natur, die in den vergangenen Jahren unter Bolsonaro seinen traurigen Höhepunkt fand. Im Inneren des vertikalen Waldes befindet sich mit dem Rosewood Hotel São Paulo eines der luxuriösesten Hotels der Stadt. Für die Einrichtung des Hauses, zudem neben Nouvels Turm auch eine renovierte Villa die vormals Entbindungsstation war gehört, ist keine geringerer als Philippe Starck verantwortlich. 

Dabei ist Starcks Handschrift unverkennbar, wirkt jedoch passend zum Projekt naturbezogener, als man es von ihm gewohnt ist. Vermutlich liegt dies nicht zuletzt daran, dass Starck vom Erfinder und Gründer der Cidade Matarazzo, Alexandre Allard, dazu animiert wurde, mit ausschließlich brasilianischen Rohstoffen zu arbeiten. Omnipräsent als Material ist Holz, selbstverständlich aus nachhaltigem und lokalem Anbau. Die Idee war schon beim Bauprozess den CO2-Fußabdruck des Projektes so gering wie möglich zu halten, indem auf lange Transportwege von Materialien verzichtet wurde.

 

 

Ein ganzheitliches Konzept 

Dass es der Cidade Matarazzo nicht nur um den Schönen Schein geht, beweist die Ganzheitlichkeit, in der das Projekt geschaffen wurde. Generieren Stararchitekten und Innovationshubs die notwendige öffentliche Aufmerksamkeit, sind es jedoch die weniger offensichtlichen Strukturen, die das Projekt maßgeblich prägen. Was sich den Besuchern und Besucherinnen auf den ersten Blick nicht direkt offenbart, ist, dass die gesamte Anlage mit ausschließlich erneuerbaren Energien betrieben wird. Zudem wurde in ein eigenes System zur Wasserrückgewinnung investiert, um Ressourcen zu sparen. Neben einer komplett nachhaltigen Lieferkette für die Restaurants der Anlage wurde auch ein Programm initiiert, dass Bauern und Bäurinnen in ökologischer Landwirtschaft schult und sie auf die Gefahren von Monokultur aufmerksam macht. Auf einer zur Cidade Matarazzo gehörenden Modellfarm sollen in naher Zukunft neue nachhaltige Methoden und Technologien getestet werden und andere LandwirtInnen geschult werden. Von Greenwashing im Luxussegment kann also keine Rede sein, vielmehr ist die Cidade Matarazzo der gelungene Versuch, Ästhetik, Innovation, Genuss und Nachhaltigkeit miteinander zu kombinieren. [AD]