Anlässlich des Launches der englischsprachigen Version von Chapter.digital präsentieren wir an dieser Stelle einen mehrwöchigen Los Angeles Themenschwerpunkt. Gleich zu Beginn werfen wir dabei den Blick auf ein – im wahrsten Sinne des Wortes – herausragendes Bauwerk der kalifornischen Metropole.
Im Herzen West Hollywoods, zwischen der legendären Santa Monica Boulevard Ausgehmeile, der prestigeträchtigen Melrose Avenue und dem beschaulichen West Hollywood Park, erheben sich die markant monolithischen Gebäude des Pacific Design Centers (PDC). 1975 vom renommierten argentinischen Architekten Cesar Pelli entworfen, fungierte das Trio postmoderner Glasbauten über viele Jahre als Westküsten-Flaggschiff zeitgenössischen Designs. Und auch wenn der imposante Gebäudekomplex seit vielen Jahren mit hoher Leerstandsquote und vielerlei Image- und Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat, gilt er nach wie vor als architektonisch bedeutsamer Bau mit großer Relevanz für die lokale Designszene.
Mit seiner beachtlichen Größe, die insgesamt eine Nutzfläche von mehr als 14 Hektar bietet, beherbergt das Pacific Design Center nebst unzähligen Büroräumlichkeiten aktuell etwas mehr als 70 Design-Showrooms und präsentiert darin mehr als 2.000 Brands unterschiedlichster Designrichtungen, darunter die britischen Traditionsmarken Farrow & Ball or George Smith, das Design Studio EuroConcept Kitchen, das Premiummarken wie unter anderem Sub-Zero/Wolf oder Miele vertritt, oder die renommierte American Society of Interior Designers.
Bereits 1975 legte der von vielen als besonders überproportioniert empfundene, und nicht zuletzt daher auch rasch »Blue Whale« getaufte, blaue Koloss den ambitionierten Grundstein des Pacific Design Center. Mit dem »Green Building« im Jahr 1988 sowie dem spitz zulaufenden modernen Bürokomplex »Red Building« (2012) fand das charakteristische Gebäudetrio schließlich seine aktuelle Gestalt. Die Architektur des PDC wurde dabei stets im Ansinnen minimalistische Ästhetik, Form und Funktion zu vereinen entworfen: So sollen unter anderem die in Primärfarben gehaltenen Glasfassaden, die im charakteristischen kalifornischen Sonnenlicht nahezu wie Edelsteine strahlen, auch die weitläufig und offen gestalteten Innenräume mit ausreichend Licht durchfluten, für eine ansprechende Atmosphäre sorgen und insbesondere auch den Energieverbrauch reduzieren.
Jene Verwendung von Glas, in Kombination mit Stahl und Beton, verleiht dem Komplex in jedem Fall auch heute noch eine unverwechselbare industriell-minimalistische stilistische Note, während im Interieur kontrastierend auch warme Holz- und Marmorelemente eingesetzt wurden, um eine ausgewogene, einladende Atmosphäre zu gewährleisten. Zwischen den drei Gebäuden, finden sich zudem großflächige Innenhöfe, die als grüne, mit hochgewachsenen Palmen gesäumte Oasen konzipiert wurden, um Ruhe und Entspannung zu bieten und – ebenso wie die unzähligen Indoor-Eventlocations – als Raum für vielfältige kulturelle Veranstaltungen fungieren.
Als Hub für Kreativität und Design konzipiert, fanden sich aufgrund der enormen Nutzfläche und sich den daraus ergebender Auslastungsproblemen im Laufe der Jahre aber auch viele namhafte Unternehmen außerhalb der Designbranche als Mieter ein, darunter ausgelagerte Labors des unweit gelegenen Cedars-Sinai Medizinzentrums, die L.A. Niederlassung des international agierenden Coworking-Space Vorreiters WeWork oder die Büros der Datingplattform Grindr. Das PDC verfügt zudem über zwei Restaurants, ein vom renommierten Designer und Architekten Michael Graves entworfenes Fitnesscenter sowie weitläufige Event-Räumlichkeiten die unter anderem schon für viel beachtete Filmpremieren, Ausstellungen, Konferenzen oder auch Partys (darunter Elton John’s legendäre Oscar Afterparty) Verwendung fanden.
Die kreative Nutzung der verfügbaren Fläche für Unternehmen außerhalb des Designbranche und die dennoch konstanten Auslastungsprobleme seien vor allem der seit vielen Jahren drastisch sinkenden Nachfrage nach (physischen) Ausstellungsmöglichkeiten und Räumlichkeiten für Designprodukte geschuldet, erklärt ein Sprecher des PDC. Kritiker:innen der lokalen (Design-)Community von West Hollywood monieren hingegen, das Pacific Design Center sei von Beginn an für seinen Zweck unverhältnismäßig groß konzipiert worden – im Übrigen auch was die fehlende Harmonie mit der umliegenden, architektonischen Identität von West Hollywood betrifft. Zudem erfülle es mittlerweile auch nicht mehr die Anforderungen eines modernen Zentrums für zeitgenössischen Designs – die Atmosphäre entspräche eher jener eines etwas tristen Achtzigerjahre Einkaufszentrums, als der eines Kreativ-Hubs für Designinnovation, ist zu hören. War es einst voller Geschäftigkeit und Aktivität, so könne man aktuell durch die Gänge des Zentrums gehen und keinen anderen Menschen sehen oder hören.
Auch das exklusive by-appointment-only-Konzept des PDC, das den Zugang für Interessierte einschränkt, scheint ein etwas kurioser Gegensatz zur offenen Architektur, dem selbst ernannten Konzept des internationalen Kreativzentrums und dem allgegenwärtigen, im wahrsten Sinne aufgeschlossenen Spirit der City of West Hollywood zu stehen. Wohl auch deshalb haben die aktuellen Betreiber:innen des Designzentrums erkannt, dass Identität und Konzept des PDC neu definiert werden müssen, um einerseits den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden und andererseits eine neue Relevanz in der Designszene L.A.’s und darüber hinaus zu schaffen. Mut zur Reflexion und Erweiterung des Horizonts hin zu einem inklusiven, weltoffenen Zentrum für Vielfalt und Kreativität – ganz dem ursprünglichen Ansinnen entsprechend. [Red.]