In Residence

Wohnen im Luxushotel

© Robert Rieger

Text Andres DAMM

Das Zuhause im Luxushotel kann nicht nur komfortables Wohnvergnügen sein, sondern unter Umständen auch ein interessantes Investment. In den letzten zehn Jahren stieg die Nachfrage nach den Privatresidenzen in Häusern der Fünf-Sterne-Deluxe-Kategorie, die in einen Hotelbetrieb integriert sind, um fast 250 Prozent. Mandarin Oriental, Four Seasons, Ritz Carlton – in Städten wie New York, London und Dubai konkurrieren die klangvollsten Namen der Hotellerie um kaufkräftige, potentielle Immobilien-Investoren, Entwicklungsgesellschaften überbieten sich in Ausstattungs- und Servicestandards und setzen so ganz neue Maßstäbe.

Wie für so viele Innovationen ist auch für das Konzept »Privatresidenzen im Hotel« New York City die Geburtsstätte. 1927, also vor knapp 100 Jahren, bot das auf der 5th Avenue gelegene The Sherry-Netherland als erstes Luxushotel neben regulär zu buchenden Hotelzimmern auch Apartments zum Kauf an. Den Eigentümern standen sämtliche Hotelleistungen wie Roomservice, Reinigung und Concierge zur Verfügung. Das Hotel existiert noch heute in dieser Form der Mischnutzung. Aktuell sind unter anderem eine 700 Quadratmeter Wohnung mit drei Terrassen, 15 Zimmern und Blick auf den Central Park für 35 Millionen Dollar zu erwerben. Doch auch 30 Quadratmeter große Studios, die sich zwischen den regulären Hotelzimmern befinden, stehen für eine halbe Million Dollar zum Verkauf. 

Mehr als 70 Jahre war das The Sherry-Netherland weltweit mit seinem Angebot konkurrenzlos. Ab dem Ausklang des letzten Jahrtausends fand das exklusive Wohnerlebnis in New York City weitere Verbreitung und erlebte seinen ersten Boom — heute bieten unzählige Hotelgruppen neben Hotelzimmern zur Tagesrate auch Wohnungen zum Kauf an. Dabei wurde nicht nur bei neuen Projekten wie dem Four Seasons im Financial District das Konzept Privatresidenzen direkt mit in die Projektplanung integriert, auch diverse alteingesessene Granden der Hotellerie setzten nachträglich auf den Trend. Teilweise zum Ärger der Stammkundschaft: Gäste des Waldorf Astoria erzürnten sich über die Tatsache, dass nach umfassender Renovierung die obersten Stockwerke des Hotelturms nur noch KäuferInnen, nicht aber Reisenden zur Verfügung stehen würden – einen Steinwurf entfernt, im The Plaza kritisierte man nach der Generalsanierung, dass in den Genuss der schönsten Ausblicke auf den Central Park nun nur die Eigentümer der neuen und äußerst erfolgreich vermarkteten Privatwohnungen kommen würden.

 

© Robert Rieger

 

Eine besondere Adresse – das AMAN New York im altehrwürdigen Crown Building an der Ecke 5th Avenue und 57th Street. 

 

Neuester Zugang in New Yorks exklusiven Club der Hoteltürme, die auch Privatresidenzen anbieten, ist das Aman New York. Als Standort wurde mit dem altehrwürdigen Crown Building an der Ecke 5th Avenue und 57th Street einer der vornehmsten Standorte der Stadt gewählt. Und wie man es von der hochexklusiven Hotelgruppe gewohnt ist, wird auch bei ihrer erst zweiten städtischen Dependance auf Superlative à la Aman gesetzt, auch bei den zum Verkauf angebotenen Residenzen. Als das Penthouse im Frühjahr 2022 seinen Käufer oder seine Käuferin fand, wurde mit 75 Millionen Dollar, der bis dato höchste Immobiliendeal des Jahres besiegelt. Da in diesen Preissphären Diskretion mit zum Geschäftsgebaren gehört, gibt es meist nur wenige Informationen zu den KäuferInnen oder den Details der Räumlichkeiten, doch soll man sich im privaten Aman Penthouse an einem Salzwasser Swimmingpool und mehreren offenen Kaminen erfreuen können. 

 

© Robert Rieger
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Von maßgefertigten Möbeln, über eine virtuose Lichtgestaltung bis hin zum perfekten ConciergeService–das Wohnen in den eigenen vier Wänden wird im Aman New York zu einem erweiterten Erlebnis transformiert.

 

Es ist allerdings nicht nur die Luxusausstattung, die es in dieser Form sicherlich auch in anderen full-service Wohntürmen gibt, die KundInnen dazu bewegt sich dauerhaft bei Aman, Mandarin Oriental oder Four Seasons einzuquartieren. Teil des Investments sind vielmehr der jeweilige Stil und die Atmosphäre des Hauses und nicht zuletzt das über viele Jahre aufgebaute Image der jeweiligen managenden Hotelgruppe, die sich KäuferInnen gerne einen Aufpreis kosten lassen. Das Interior Design und die Serviceleistungen, die man an diesen exklusiven Adressen miterwirbt, sind so in einem ordinär-namenlosen Wolkenkratzer New Yorks wohl kaum erlebbar.

 

© Robert Rieger
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Im Falle des Aman New York erhalten die ResidenzbesitzerInnen alle auch automatisch eine Clubmitgliedschaft, die Zugang zu sämtlichen Einrichtungen des Hotels bietet, die sonst nur Gästen vorbehalten sind. »Neben den beiden Restaurants Arva und Nama sind weitere Annehmlichkeiten das Spa, das sich über drei Stockwerke erstreckt und ein hauseigener Jazzclub – Residenzbesitzer profitieren von bevorzugtem Zugang«, erklärt uns ein Sprecher der Gruppe. Wer sich zu den BesitzerInnen einer Aman New York Residenz zählen kann, erwirbt gleichzeitig die Freiheit sich nicht mehr zwischen glamourösem Tages- und Abendprogramm oder Häuslichkeit entscheiden zu müssen – die Antworten auf diese und viele andere zeitraubende Fragen stecken bereits tief in der DNA der Idee dahinter und sind im Preis miteinkalkuliert.

 

© Robert Rieger

 

Vermutlich war nicht zuletzt auch die Covid-Pandemie ein Grund dafür, dass gerade in stark betroffenen Städten wie New York die Nachfrage nach den exklusiven Immobilien, die Cocooning und Luxus vereinen, so exponentiell angestiegen ist. Naheliegend also, dass New York City nicht die einzige Stadt bleiben wird, in der Aman mit seinen Residenzen urbane Oasen anbietet, demnächst werden auch in Bangkok und Miami Hotels mit angegliederten Luxusapartments eröffnet. Dabei betont der Sprecher der Gruppe: »Auch europäische Städte kommen für uns für zukünftige Projekte durchaus in Frage. Für Aman ist es allerdings essentiell, dass durch Standort und Art der Immobilie die Möglichkeit besteht, ein Hotel zu erschaffen, das sich von allem Existierenden abhebt und somit absolut einzigartig ist. Zudem müssen natürlich auch bei jedem zukünftigen Projekt die Werte und Standards der Gruppe widergespiegelt werden. Unsere Kunden, egal ob Hotelgäste oder Residenzbesitzer sind weniger über klassisch demographische Faktoren wie Alter oder Beruf definierbar. Aman ist die Heimat für Gleichgesinnte, die sich von Reisen inspirieren lassen, Wohlbefinden priorisieren und lokales Erbe und Kultur erleben wollen und dabei in einer außergewöhnlich gestalteten Umgebung unterkommen möchten.«

 

© One&Only
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Dramatisch ins Kliff gebaute Villen des luxuriösen Resorts One&Only Mandarina. 

 

Das Konzept Privatresidenz mit Hotelservice ist dabei heute nicht mehr nur ein rein urbanes Phänomen. Die One&Only Gruppe bietet beispielsweise in diversen ihrer luxuriösen Resorts Villen zum Kauf an, unter anderem an der mexikanischen Nayarit Küste, eine Stunde nördlich von Puerto Vallarta. Eingebettet in üppig-tropisches Grün können im One&Only Mandarina kaufkräftige Kund- Innen dramatisch ins Kliff gebaute Villen erwerben, die mit vier bis acht Schlafzimmern durchaus großzügig gestaltet sind. In ihrer Gestaltung sind die Ferienhäuser ebenso edel wie das Hotel, in dem sie integriert sind. Infinity Pool und Meerblick gehören dabei zur Standardausstattung, jede Villa ist durch ihre an den jeweiligen Standort angepasste Architektur ein Unikat.

 

© One&Only

 

»Unsere Private Homes geben uns die Möglichkeit, das Erlebnis der Marke One&Only zu erweitern. Ein expliziter Wunsch unserer Stammkunden, um die Atmosphäre und die Designsprache, die zuvor nur im Urlaub im Hotel erlebbar war, auch im deutlich privateren Bereich, dem eigenen Ferienhaus genießen zu können«, beschreibt Jonathan Tomlinson, Senior Vice President Private Homes der Kerzner International Gruppe, zu der auch One&Only gehört, den Ursprung des Konzeptes. Dementsprechend sei der oder die typische ResidenzbesitzerIn auch dem Hotelgast der Gruppe sehr ähnlich. »Der Wunsch nach Ruhe, Naturnähe ohne den Verzicht auf alle denkbaren Annehmlichkeiten, das ist es, was alle unsere Kunden und Kundinnen vereint, und was wir ihnen bieten wollen. Wir haben Kunden und Kundinnen aus den verschiedensten Ecken dieser Erde, und an vielen Orten neben internationalen Käufer und Käuferinnen auch eine lokale Klientel.« Dabei offeriert One&Only den ResidenzbesitzerInnen nicht nur alle Einrichtungen und Serviceleistungen, die den Hotelgästen auch zur Verfügung stehen. Zusätzlich gibt es ein maßgeschneidertes Programm für den exklusiven BesitzerInnenkreis, das unter anderem auch einen globalen Concierge-Service anbietet. 

 

© One&Only

 

Prinzipiell haben One&Only Private Homes BesitzerInnen die Wahl, ob sie an einem Vermietungsprogramm teilnehmen oder lieber ein Maximum an Privatsphäre zelebrieren wollen, wobei die Mehrzahl der EigentümerInnen ihre Residenz, in Zeiten in denen sie nicht vor Ort sind, von der Hotelgesellschaft vermieten lässt. Die daraus resultierende Rentabilität des Investments ist durchaus ein überzeugendes Verkaufsargument, zumal One&Only den VillenbesitzerInnen die temporäre Nutzung durch Dritte maximal angenehm gestaltet. Das Hotelmanagement kümmert sich vollständig um Vermarktung und Vermietung. »Natürlich ist es wichtig, wenn VillenbesitzerInnen ihre Immobilie im Rahmen von One&Only vermieten, dass deren Immobilie dann auch die Identität des Resorts widerspiegelt, doch wir bieten Unterstellmöglichkeiten für private Stücke, die so während Vermietungsphasen sicher verstaut werden können. Dadurch kann für die EigentümerInnen ein Maximum an Personalisierung der Immobilie gewährleistet werden, ohne dass mietende Gäste das Gefühl haben würden, nicht in einem unserer Resorts zu logieren«, erklärt Tomlinson.

 

© One&Only

 

Private Home Besitzer:innen haben zudem die Möglichkeit ihre Immobilie auch dann zu bewohnen, wenn das angegliederte Hotel saisonbedingt geschlossen ist. »Selbst bei Resorts die nur saisonal geöffnet sind, wie beispielsweise unser griechisches Hotel Kea Island, ermöglichen wir permanenten Zugang zu den Villen und garantieren, dass auch im Winter Servicepersonal vor Ort ist, um für den Aufenthalt im Ferienhaus, den erwarteten Standard zu ermöglichen.« Da ein Immobilieninvestment eine langfristige Angelegenheit ist, garantiert die Gruppe den BesitzerInnen der Villen langfristige Verträge mit der Hotelbetreibergesellschaft. So ist sichergestellt, dass die mit erworbenen Serviceleistungen und Einrichtungen des Hotels für mindestens mehrere Jahrzehnte zur Verfügung stehen. Die Immobilie selbst, also nicht nur die jeweilige Villa, sondern auch das definierte Grundstück dazu, sind offiziell im Besitz des Private Home Eigentümers, wodurch die Unabhängigkeit vom Hotelbetrieb gewährleistet ist. 

 

© Grain London

 

The OWO Raffles, London. OWO ist die Kurzform für Old War Office — in dem 1902 erbauten und nun kernsanierten Gebäude hatte einst Winston Churchill sein Büro. 

 

Während in kontinentaleuropäischen Städten von Luxushotels vermarktete Privatresidenzen noch eher Seltenheitswert besitzen, besteht in Großbritanniens Hauptstadt London bereits ein reger Wettbewerb. Im Frühjahr 2023 wird hier das Hotel The OWO Raffles eröffnet werden, die Verkaufsphase für die angegliederten Privatresidenzen hat bereits begonnen. Die Investorengruppe ver-spricht auch hier ein exklusives und außergewöhnliches Wohnerlebnis und nutzt insbesondere die Historie der Immobilie als Alleinstellungsmerkmal. OWO ist die Kurzform für Old War Office, in dem 1902 erbauten und nun kernsanierten Gebäude hatte einst Winston Churchill sein Büro, heute werden 85 luxuriöse Residenzen angeboten, für den Service der künftigen Eigentümer:innen ist das ebenfalls im Haus integrierte Raffles Hotel zuständig.

 

© Grain London

 

Für den Service der 85 luxuriösen Residenzen ist das ebenfalls im Haus integrierte Raffles Hotel zuständig.

 

Durch den Baustil der edwardianischen Ära mit seinem opulenten Stuck und diversen, antik-architektonischen Details, kann man sich auch hier als KäuferIn sicher sein, dass die erworbene Wohnung ein absolutes Unikat ist. Während der Mitbewerb Residenzkäufer-Innen als Verkaufsargument den Service und Luxus des angeschlossenen Hotels anbietet, ging man bei der Entwicklung der OWO Residences noch einen Schritt weiter und schuf separierte Gemeinschaftseinrichtungen, die speziell den ResidenzeigentümerInnen vorbehalten sind. So gibt es verschiedene Salons, ein Fitnessstudio sowie einen Pool, zu denen die Hotelgäste von nebenan keinen Zugang haben, während man als EigentümerIn einer Wohnung auch die Seiten wechseln kann, um seine Bahnen zur Abwechslung im Hotelpool zu ziehen.

 

© Grain London

 

An Hotels angegliederte Residenzen scheinen mit ihrer Definition von Luxus, der über die rein materiellen Elemente hinaus geht, tatsächlich einen Nerv der Zeit zu treffen. Das Wohnen in den eigenen vier Wänden wird dabei zu einem erweiterten Erlebnis transformiert, das von maßgefertigten Möbeln, über einer virtuosen Lichtgestaltung bis hin zum perfekten Concierge Service so einiges umfasst. Die erfolgreichsten Hotels macht aus, dass sie einen ganz eigenen Kosmos kreieren. In diesem Kosmos dauerhaft residieren zu können und ihn mit seiner eigenen Lebensrealität zu vereinen, stößt nachvollziehbarer Weise auf rege Nachfrage, so vergleichsmäßig überschaubar die entsprechend kaufkräftige Zielgruppe auch sein mag.

ARTIKEL ERSTMALS VERÖFFENTLICHT IN CHAPTER №VII »NORMAL THINGS« – WINTER 2022/23