Auf kleinem Raum und doch von monumentaler Bedeutung für die lokale Barszene befindet sich im Herzen der Wiener Altstadt die von Adolf Loos entworfene Loos Bar. Ein gestalterisches Meisterwerk, in welchem sich die Wiener Moderne und die amerikanische Barkultur die Hand reichen und ein vielseitiges Publikum in eine einzigartige Atmosphäre einladen.
Wien im Wandel
Die Loos Bar, ursprünglich als Kärntner Bar oder American Bar betitelt, wurde 1908 als eine der ersten »American Bars« in Wien eröffnet. So war sie Teil einer Bewegung, die das Wiener Nachtleben erstmals in Cocktailbars nach amerikanischem Vorbild und britische Gentlemen Clubs einführte. Weiters schaffte die Bar einen alternativen Raum zum etwas kultivierteren Kaffeehaus. Ursprünglich war die Loos Bar exklusiv für männliche Besucher zugelassen, dies änderte sich jedoch bereits fünf Wochen nach der Eröffnung. So beschreibt Claire Loos, die dritte Ehefrau von Adolf Loos, in ihren Memoiren: »Die Frauen erzwangen sich den Zutritt.«
Prägend für den Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien waren neben politischen und gesellschaftlichen Spannungen auch die unterschiedlichen künstlerischen Strömungen und Konflikte. Während die Ästhetik der Wiener Werkstätte in der Kunst und Architektur dominierte, wies die Loos Bar in ihrer Gestaltung avantgardistische Ansätze auf, die sich dem Einfluss der Secessionisten jedoch nicht gänzlich entziehen konnten.
Strukturen und Brüche
Betritt man die Loos Bar, so neigt am Eingang zunächst ein beleuchtetes Mosaikschild von schräg oben herab, das vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Flagge den Schriftzug »Kärntner Bar« erkennen lässt. Vier Marmorsäulen umrahmen die Fenster und den Eingang und trennen die Außenwelt vom Innenleben der Bar ab. Drinnen treffen Bodenfliesen im Schachbrettmuster auf quadratische Paneele aus Onyx über dem Eingangsbereich, eine Kassettendecke, und dunkle Marmorsäulen, die den Raum gleichmäßig strukturieren. Auf circa sechs mal vier Metern entsteht eine intime Atmosphäre durch dunkle Farbgebung, gezielte Beleuchtung und Materialien in ihrem Ursprungszustand. Während Mahagoniholz die untere Hälfte der Wände verkleidet, bricht die obere Raumhälfte durch optische Weite mit der eingeschränkten Räumlichkeit. Das grafisch gleichförmig gestaltete Marmorfries wiederholt sich scheinbar endlos in der Spiegelverkleidung. Die Einrichtung besteht aus der Bar, die die Länge des Raumes ausfüllt, niedrigen Sitzmöbeln in grünem Leder und Tischen, die durch achteckige Platten aus beleuchtetem Milchglas zum Blickfang werden.
Marianne Kohn, bekannt als »Königin der Nacht« und Leiterin des Wiener Kult Clubs U4 in den Achtzigerjahren, übernahm 1995 als Geschäftsführerin die Loos Bar. Unter ihr etablierte sich die Bar als einer der bedeutendsten Kulturpunkte Wiens – Kohn selbst beschreibt sie als eine Institution. In Wien gibt es nur eine einzige Bar, wird gerne über die Loos Bar gesagt. Ihre Alleinstellung ist zum einen der unvergleichlichen Atmosphäre auf engstem Raum geschuldet, zum anderen der vielseitigen Klientel welche sich von bekannten Persönlichkeiten, über ArchitekturliebhaberInnen bis hin zu neugierigen BewunderInnen erstreckt. [LM]