The Nebulous Now

Notizen zum Cloud Computing

FLAVIE AUDI, HYPERGATE, 2018, Resin, glass, stainless steel, 225 × 90 × 8 cm

Text Anna SINOFZIK

Als der Marketingleiter des Unternehmens Compaq im Jahr 1996 erstmals von der Cloud sprach, zeichnete er ein so nebulöses wie magisches Bild vom Internet der Zukunft, das in all seiner Mehrdeutigkeit bald Wirklichkeit werden sollte. Das Zeitalter des »Cloud Computing« brach jedoch nicht wirklich an, es zog vielmehr auf — allmählich und ein bisschen theatralisch, wie irgendein wundersamer Nebel. Wikipedia sagt: Kühle Luft sinkt nach unten, weshalb sich Dunst zunächst in Senken entwickelt. Dieser kam aus dem Silicium Tal.

Es gibt gute Wolken, die wie Schäfchen aussehen. Und dunkle, die vermeintlich bösen, die uns Regen und Unwetter bringen. Dass auch Letztere mitunter ein Segen sind, merken wir in heißen Sommermonaten wie diesen. Will sagen: Die Lage ist weniger eindeutig, als manch einem lieb ist. Wirklich klar war sie naturgemäß nie.

In der Literaturgeschichte gilt die Wolke mal als Symbol des Zerronnenen (Zeit, Liebe, et cetera), mal für das große Unbekannte, mal für die Transzendenz; im Alten Testament suggeriert sie göttliche Allmacht. Astrophysiker sagen, unser ganzes Sonnensystem sei aus einer prästellaren Wolke entstanden, aus einem rotierenden kosmischen Nebel. Galaktische Gasnebel (NEBULAE, lat. für Wolke) wurden lange für ferne Galaxien gehalten, heute gelten sie als »stellar nurseries« — in ihnen werden Sterne geboren. Als Antidot dazu gibt es die atomare, tödliche, apokalyptische Wolke. Natürliche Wolkenformationen am Himmel wirken ätherisch und dem Weltlichen auf wundersame, mitunter unheimliche Weise erhaben. »Man, these Clouds are freaky«, ruft ein Hobbyfilmer auf Youtube immer wieder fasziniert in sein iPhone.

 



Cloudscapes ist eine Reihe von künstlichen extraterrestrischen Steinen, die zu einem Meer aus verstreutem, galaktischem Geröll explodieren. Diese überirdischen und ätherischen Fragmente verschmelzen Gemmologie und Geologie miteinander.

FLAVIE AUDI, Cloudscape 4, 2015, Glass, fine silver, fine gold

 

Silicon Valley spielt gern mit Begriffen, die vage und ambivalent genug sind, um nach grenzenlosen Möglichkeiten zu klingen und dabei einen Deut des Gegenteils mitschwingen lassen. Facebooks Kryptowährung Libra verspricht eine Freiheit, von der Finanzexperten behaupten, dass sie im Kontext der Weltwirtschaft kaum ohne neue Abhängigkeiten und Gefahren auskommen kann. Gauloises’ Slogan Liberté Toujours hat dasselbe Ensemble über Generationen hinweg gut verkauft. Aber hinter mancher Ambivalenz steckt mehr als ein Marketingtrick. Auch vergangene, moderne Zeiten waren von Widersprüchen geprägt; vom Zwiespalt neuer Möglichkeiten und neuer Gefahren — und der Frage, inwiefern die neuen Möglichkeiten selbst neue Gefahren darstellen. Aber war der Gemütszustand je so wechselhaft, die Veränderungen so vielversprechend und nerve-wrecking wie heute, in Zeiten der Cloud? Stand der brain fog irgendeiner Gegenwart im Zeichen so treffender Metaphern? 

Für die erste Bestandsaufnahme braucht es keine Nebelscheinwerfer: Die Cloud macht uns frei und unfrei zugleich, ist uns nah und doch fern, überall und nirgendwo. In ihrer Ungreifbarkeit und unendlichen Komplexität wirkt die kabellos vernetzte Welt grenzenlos, fluide, fließend, demokratisch und liberal. Gleichzeitig aber auch: unüberschaubar, unstet, absolut, total, wenn nicht gar totalitär. In unserer kollektiven Vorstellung ist der Wust an Leitungen, die Al Gore in den Neunzigerjahren »Information Superhighway« nannte,längst zu einer omnipräsenten Ganzheit verschwommen, die in ihrer Begrifflichkeit explizit offen bleibt für Interpretationen und große Gefühle. Bereits in der Antike haben Menschen in den Wolken gelesen, das Überleben ganzer Heere und Flotten hing davon ab. Aristoteles sah das Beobachten und Beschreiben des Himmels als Grundlage allen Philosophierens, weil ihm Wolken als extremste Erscheinung des Nicht-Fassbaren galten.

Schon die Software als solche ist in ihrer Begrifflichkeit biegbar und unhandlich in der Definition, ein alter Informatik-Duden beschreibt sie als »Gesamtheit aller Programme, die auf einer Rechenanlage eingesetzt werden können« (VOLKER CLAUS, ANDREAS SCHWILL, in Duden Informatik, Berlin, Januar 2003). Doch während sie den bestimmten Formen der Hardware noch in ähnlich greifbarer Gegensätzlichkeit gegenübersteht, wie Claes Oldenburgs Soft Sculptures dem ihnen vorausgegangenen Minimalismus, weicht die Cloud Technologie das retinale Bild der Realität weiter auf. Partizipatorisch, ohne festen Ortsbezug wie ein Happening, ist sie darauf angelegt, mit der Alltagswelt zu verschwimmen. 

Natürlich beruht auch die Cloud auf einer materiellen Infrastruktur, bestehen selbst Wolken aus Molekülen, die wiederum auf nanomikroskopischen, aber wissenschaftlich durchaus nachvollziehbaren Strukturen. Gefühlt hängen unsere Daten jedoch ebenso form- und dimensionslos in der Luft, wie es die Fragen sprichwörtlich tun. Es sind mitunter dieselben Fragen wie früher, im ersten Maschinenzeitalter oder beim Aufkommen alter neuen Medien, wie der Fotografie, dem Radio, Kino, Telefon und dem Fernsehen. Die wohl größte (wo wird das hinführen?) triggert vage Vorstellungen vom eventuellen Ende der Welt, das mit jedem technologischen Wandel erneut auf uns zuzurollen scheint. Das Motiv der Wolke passt weiterhin: Seit Hiroshima und Nagasaki, spätestens seit Bhopal und Tschernobyl, ist sie auch zum Inbegriff für verheerende Katastrophen geworden. Zunächst entspricht die cloudiness der neuen Technologien aber eher den diffuseren Ängsten unserer Zeit. 

Ob auf Facebook oder im Feuilleton: überall ist von einer großen Zerschmelzung die Rede, längst nicht nur in Bezug auf Pole und Ländergrenzen. Politologen beobachten, wie sich die zivilgesellschaftliche Gegenöffentlichkeit zum Staat und seinen Organen auflöst, weil Protestbewegungen im Netz von »Partizipation ohne Repräsentation« (IVAN KRASTEV, in Europadämmerung — Ein Essay, Berlin, 2017) geprägt sind. »Wo ist der Ort, an dem wir uns verständigen?«, fragte die Schriftstellerin Eva Menasse vor ein paar Monaten in einem Interview mit der Zeit. »Ich sehe den nicht mehr.« (EVA MENASSE (Interview: ADAM SOBOCZYNSKI), Die Zeit Nr. 24, 6. Juni 2019). Wie sollte sie auch? Offensichtlich ist die Cloud unsichtbar, ein Nicht-Ort. Das Bild, das wir haben, ist betont informell, surreal, voll fließender, zerrinnender Formen. »All that is solid melts into air.« (KARL MARX, The Communist Manifesto, London, Februar 1848). Das hat niemand auf Buzzfeed oder im Silicon Valley gesagt, sondern der alte Karl Marx. 

Marx fürchtete, jegliche Wertesubstanz werde auf kurz oder lang vom Fluss der Finanzmittel weggewaschen. Und auch heute gibt es berechtigte Kritik am Web-Kapitalismus. Ein gewisses »Aufweichen« der westlichen Wirtschaftssysteme haben Volkswissenschaftler bereits in den frühen Achtzigerjahren beschrieben. Schon damals wurde immer weniger in materielle Arbeitsmittel wie Maschinen und Rohstoffe investiert, dafür immer mehr in nicht-materielle Ressourcen wie Software, Daten, Dienstleistungen und Forschung. Einzelne Netzwerke wurden zu einer Art Informationsfließband verbunden, mit Kabeln und Modems, den Pendants zu den Förderbändern und Flaschenzügen alter Fabriken. Heute, da Wissen wireless produziert wird, ist die »weiche Ware« aus Daten schweren Maschinen in Hinblick auf ihre Wirtschaftskraft haushoch überlegen. Im Sinn der biblischen Wolke verkörpert die Cloud daher nicht zuletzt die wachsende Macht vermeintlicher Halbgötter aus dem »Valley«.

»Technicians can make insane amounts of money and they have borderline alchemical powers to shape reality in a way that bends it to their will, whether or not the bending is cognitive, programmatic, unintentional, or subconscious«, schreibt der kanadische Künstler und Kulturtheoretiker Douglas Coupland (DOUGLAS COUPLAND, in E-Flux Journal #74, Juni 2016). Tatsächlich verändert die Tech-Branche unsere Welt gerade mal wieder viel radikaler, als die zeitgenössische Kunst. Bleibt die Frage, aus welcher Richtung der Wind of Change weht und inwiefern er uns überhaupt weiterbringt. 

 

FLAVIE AUDI, Fluid Rock 17, 2018, Glass, fine gold, 20 × 19 × 17 cm

 

In den Fünfzigerjahren argumentierte Martin Heidegger in seinem Aufsatz »Die Frage nach der Technik«, das vorrangige Ziel moderner Technologien sei weniger der Fortschritt, als vielmehr die Sicherung von Ressourcen, die den Menschen gegen Veränderungen immunisieren (MARTIN HEIDEGGER, in Die Frage der Technik, Pfullingen 1954). Historisch sei es bei neuen Entwicklungen stets darum gegangen, uns unabhängiger vom Fluss der Zeit und ihren Launen zu machen: Wer Sonnenenergie speichert und beheizte Häuser hat, dem können verändernde Wetterbedingungen weniger anhaben. Fotos und Videos ermöglichen es, Vergangenes festzuhalten. Laut Heidegger schaffen wir uns Reservoirs, damit die Zeit nicht mehr wie gewohnt in Richtung Zukunft zerrinnt. Dabei gab er zu bedenken, dass wir, indem wir immer mehr Ressourcen speichern und verfügbar machen — überall, zu jeder Zeit — langsam selbst zu Ansammlungen von Energien, Kompetenzen, Kenntnissen werden. Man steht eigentlich nicht auf Verschwörungstheorien. Aber der Übergang zwischen ironischem Augenzwinkern und nervösem Zucken ist fließend. So hört man immer häufiger, die Menschheit ließe sich zu Daten in der Cloud degradieren. 

Der Journalist Andrew Blum (zufällig Autor eines Buches mit dem Titel The Weather Machine) geht davon aus, dass die Trennung von mind and matter in der digitalen Informationstechnologie eine konstruierte Vorstellung ist, die den Bezug von Ursache und Wirkung bewusst verdreht (ANDREW BLUM, Deep Cables: Uncovering the Wiring of the World (Talk), Berlin, 2016). Blum glaubt, dass das Bild der ortlosen, omnipräsenten Cloud Teil einer größeren Machtstrategie ist, die gezielt über die technologische Realität hinwegtäuschen möchte. Er verweist auf fensterlose Gebäudekomplexe, die ihn an Gefängnisse oder Irrenanstalten erinnern, so abgelegen wie abgeschottet und auf Google Maps gar nicht erst existent: auf Serverfarmen, die Landstationen oder Luftstützpunkte der Cloud. Mit ihren blinkenden Lichtern, kühlen Farben, straffen Kabellagen und rabiaten architektonischen Formen werde hier by design eine Aura der Hochsicherheit geschaffen, um unsere Idee des immateriellen, unnahbareren Internets zu bestärken. De facto haben die monströsen Datenzentren, die da irgendwo im Nirgendwo beständig vor sich hin blinken und surren, ihre ganz eigene Magie. Auch sie sind Teil der so mystischen wie ambivalenten Ästhetik der Cloud. 

Während das Innenleben mancher Serverfarm an die skulpturalen »Environments« von Dan Flavin erinnert und die Tiefseekabel, durch die unsere Daten fließen, an größenwahnsinnige Landartprojekte, ist die Gestaltung der digitalen Endgeräte, die unsere Schnittstelle zur virtuellen Datenwolke darstellen, rational wie Dieter Rams. Dank Apple ist jedem Hersteller heute klar, dass der Erfolg elektronischer Kommunikationsgeräte nicht nur hoher Rechenleistungen, sondern auch ausgefeilter Proportionen bedarf. Durch die Screens unserer harmonisch durchdesignten Geräte blicken wir auf die Interfaces, die unsere virtuelle Welt strukturieren. Immer häufiger erzeugen sie mit ihren Lifestreams und self-driving Playlists einen endlosen, algorithmusgetriebenen Informationsfluss, der dem Aggregatzustand der Cloud sehr viel eher entspricht, als Stacks und andere rigide Ordnerstrukturen. 

Nicht nur die großen gläsernen Fenster unserer Endgeräte — auch die Versprechen der digitalen Gegenwart ähneln denen der Architektur der alten Moderne: »Light and air, honesty and openness, fresh energy to engage with the world, release from dead weights of the past, vision that could transform new technologies into means of liberation, environments where modern men and women can feel at home.« (MARSHALL BERMAN, in The Experience of Modernity, 1988). Aber auch der International Style hat seinerzeit nicht nur Freunde gefunden. In den späten Sechzigerjahren verfluchte ihn manch einer als »gigantic rip-off of the modern public«. Während sich der eine in der virtuellen Welt genauso zuhause fühlt, wie im lizensierten Remake seines Stahlrohrmöbels, empfindet der andere auch sie heute als unmenschlich, kühl, wenn nicht sogar bedrohlich. Selbst Haushaltsgeräte, die vorherigen Generationen als domestizierte Form von Technik eher als harmlos galten, sieht man in Zeiten von IoT-Technologien in einem neuen, nicht gerade schmeichelnden Licht. Das Internet wimmelt von Memes, in denen Menschen Opfer ihrer Smart Homes werden. Utopie und Dystopie liegen nah beieinander. 

Die Ästhetik der Moderne hatte immer etwas Destruktives und das Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht hat durchaus seinen Reiz. Man denke daran, wie Baudelaire oder Dostoyevsky die Urbanisierung und den Lärm industrialisierter Metropolen beschrieben. Einst waren es gewaltige Maschinen, denen die Menschen mit einem Gemisch aus Furcht und Faszination gegenüberstanden. Technik war damals vor allem mechanisch, kinetisch, körperlich. Gern auch mal metallisch scheppernd, wie eine Skulptur von Jean Tinguely, dessen Arbeit von dem Grundgedanken motiviert war: »Es bewegt sich alles, Stillstand gibt es nicht.« So hat sich auch der Look & Feel unserer Technologien verändert. 

 

FLAVIE AUDI, Fluid Rock 13, 2016, Glass, fine gold, 20 × 20 × 17 cm

 

Die Dynamik der Cloud ist nicht laut und drastisch, sondern ätherisch, sinnlich und geschmeidig. Im Gegensatz zur technokratischen Architektur ihrer Datencenter wirkt sie selbst organisch und oszillierend, bewegt vom ständigen Wechselspiel ihrer Gegensätze. Die Ambivalenz knirscht nicht, stellt keinen Zustand der Zerrissenheit dar. Die französisch-libanesische Künstlerin Flavie Audi spricht von einer konstruktiven Spannung, die ihre Werkserie Fluid Rocks nicht nur wörtlich aufgreift. Das Gefühl von Leichtigkeit, steht dem tatsächlichen Gewicht massiver Glaskörper gegenüber. Ihre Arbeit Hypergate spielt mit der visuellen Wechselwirkung, die durch die nebelartige Trübung des Materials entsteht: »The translucency of the resin draws the viewer in, but its clarity does not yield a perspective to what is behind the panel. Instead, transparency and opacity co-exist. Levitating glass clouds are suspended within static waves, transmitting the sense of energy of atomic elements that are invisible to the human eye.« (FLAVIE AUDI, im persönlichen Interview (Email), 2018). 

Man hat den Eindruck, Audis Skulpturen würden von einem stetigen Energiestrom durchflossen — ohne dass sich die Frage nach dem Gut oder Böse dieser Energien stellt. Mal setzen sie sich mit der Idee auseinander, dass unsere Wirklichkeit von unsichtbaren Datenströmen geformt wird, wie Felsformationen vom Wind. Immer wieder geht es dabei um den Prozess der Entmaterialisierung. Ähnlich wie die Wolke steht der Werkstoff Glas, mit dem Audi so gern arbeitet, an der Schwelle zwischen An- und Abwesenheit. Sie beschreibt ihn als Vermittler, der die virtuelle Welt mit der realen verbindet — durch seine Durchsichtigkeit aber auch versinnbildlicht, wie sich das Gegenständliche schleichend reduziert, bis es sich irgendwann vielleicht völlig verflüchtigt. Sie findet den Gedanken beängstigend, aber auch faszinierend. »We all know these moments, when the real and the virtual blend, when we find ourselves wanting to press ctrl Z, to undo something we have said or physically done.« (FLAVIE AUDI, im persönlichen Interview (Email), 2018). 

Die Logik des Fortschritts kennt kein Zurück. Aber daran, dass die Technologie grundsätzlich für Letzteren steht, glauben heute nur noch irre Transhumanisten, die sich unsterblich machen möchten und dabei längst wie Zombies aussehen. Den meisten Menschen ist der Blick in die Zukunft ein bisschen unheimlich. Und wahrscheinlich liegt darin die größte Faszination. »Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht«, hat Albert Einstein in den frühen Dreißigerjahren geschrieben. Wenig später befasste er sich mit der »spukhaften Fernwirkung«, die in der Quantenmechanik eine augenblickliche Wirkung über beliebig entfernte Distanzen beschreibt. Das Prinzip, das dem Physiker damals so gespenstisch erschien, lässt sich gedanklich gut auf die digitalen Technologien unserer Zeit übertragen: Auch die Cloud überbrückt mühelos Distanzen und erschafft ein Gefühl der Gleichzeitigkeit. 

»Somewhere in the past few years the present melted into the future. We’re now living inside the future 24/7 and this (weirdly electric and buzzy) sensation shows no sign of stopping — if anything, it grows ever more intense.« (DOUGLAS COUPLAND, in FT Magazine, 10. März 2016). Das war noch mal Douglas Coupland, dessen Buch Generation X: Tales for an Accelerated Culture bereits in den frühen Neunzigern für einen kleinen Wirbelsturm sorgte. Die Erfahrung der ineinander verschmelzenden Zeiten, die er 2016 beschrieb, wird anderswo als extreme present oder superfuture bezeichnet. Es gibt ständig neue Namen, Hashtags, Buzzwords. Und im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat es haufenweise Versuche gegeben, das Gefühl des cybernetic loss zu formulieren, das unser Informationszeitalter prägt. Der französische Philosoph und Literaturkritiker Jean-François Lyotard hat dazu mal diese Worte gefunden: »The modern view of the body and of the world was solid, but it was sad. I think we are going towards something that is infinitely complex, horribly hard to deal with, but much more fun.« (JEAN-FRANÇOIS LYOTARD, in Time, 15. April 1985). 

Wir bleiben verunsichert, weil unser Verhältnis zur Veränderung mindestens so ambivalent ist, wie die Metapher der Cloud. Die Welt wird irgendwann untergehen und vielleicht bleibt nicht viel mehr als eine riesige kosmische Staubwolke übrig. Aber es gibt auch gute Aussichten. Die Zukunft ist beeinflussbarer, als das Wetter. It’s all up in the air. In dem Satz darf man mehr sehen, als bloß ein schönes Bild.