Die Welt von Heute

Chapter »En Suite«: Grand Hotel Belvédère

Als erstes Haus der französischen Beaumier-Gruppe in der Schweiz steht das Grand Hotel Belvédère in Wengen für eine neue Interpretation alpiner Gastfreundschaft – stilvoll, naturnah und tief verwurzelt in der Geschichte seiner Umgebung.

»Das Hotel war das internationale Zuhause der Weltbürger«, schreibt der Schriftsteller Stefan Zweig in seiner Autobiografie Die Welt von Gestern (1942). Für den vielreisenden Zweig waren vor allem die sogenannten Grand Hotels weit mehr als bloße Unterkünfte – sie verkörperten Orte der internationalen Begegnung, des Stils und der gesellschaftlichen Etikette und bildeten damit die Grundlage für ein Reisen, das er als gelebte kosmopolitische Lebensform verstand. Doch auch heute ist die symbolische Kraft, die von Grandhotels ausgeht, ungebrochen.

Erbe & Aufbruch

Hoch oben über dem Lauterbrunnental erhebt sich das Grand Hotel Belvédère in Wengen – inmitten der majestätischen Kulisse der Berner Alpen, erbaut 1912 im goldenen Zeitalter der Belle Époque. In der damaligen Tourismusblütezeit avancierte der kleine Ort zu einem alpinen Sehnsuchtsort der europäischen Gesellschaft. Das Belvédère empfing Gäste aus aller Welt – wohlhabend, weltoffen, kultiviert. Doch der Glanz jener Jahre verblasste mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts. Das Haus selbst pendelte zwischen Betrieb und Leerstand – in jedem Fall – eingefroren in der Zeit.

Neueröffnung des Grand Hotel Belvedere in Wengen durch Beaumier

2024 wurde das Grand Hotel Belvédère von der französischen Hotelgruppe Beaumier übernommen und wiedereröffnet. Das Unternehmen, bekannt für seine stilvollen Boutiquehotels, hat dem Belvédère nach einer aufwendigen Sanierung und denkmalgerechten Restaurierung neues Leben eingehaucht – mit modernem Blick auf sein reiches Erbe und unter Berücksichtigung der für diesen einzigartigen Ort authentischen Werte.

Bodenständige Szenografie & zeitgenössische Kunst

Um dem Ruf der Grand Hotels als Orte des zeitlosen Stils, der Geschichte und vor allem Haltung gerecht zu werden, wurden die Schweizer Architekturbüros Complete Works, Crausaz Tremblay und Clavien & Associés mit der Umgestaltung betraut. Diese zeichnet sich durch den respektvollen Umgang mit historischen Elementen, den Um- und Ausbau des Bestands sowie den liebevollen Erhalt und die ambitionierte Freilegung, Restaurierung und teilweise sogar Rekonstruktion der originalen dekorativen Elemente wie Wandmalereien, Stuckdecken und Holzverkleidungen aus dem frühen 20. Jahrhundert in den Restaurants und Lobbys aus. Die ästhetische Vielfalt zeigt sich in der scheinbar mühelosen Integration der nostalgischen Schönheit von Heimatstil- und – im Gegensatz dazu fast opulent wirkenden – Jugendstil-Elementen.

Neueröffnung des Grand Hotel Belvedere in Wengen durch BeaumierNeueröffnung des Grand Hotel Belvedere in Wengen durch BeaumierNeueröffnung des Grand Hotel Belvedere in Wengen durch Beaumier

In intensiver Auseinandersetzung mit dem lokalen Erbe entstanden auch die 90 vollständig renovierten Zimmer und Suiten, welche mit maßgefertigten Holzmöbeln, natürlichen Materialien und zeitgemäßem Design das alpine Erbe der Region aufgreifen und mit klarer, zeitgemäßer Linienführung sowie modernem Komfort neu definieren. Die Zimmer beherbergen auch exklusiv angefertigte Kunstwerke, beispielsweise von der Textilkünstlerin Manon Daviet. Für die Zimmer des Grand Hotel Belvédère kreierte sie eine Serie von Tufting-Werken. Motive von grasenden Kühen und saftigen, grünen Weiden spielen mit den Klischees der schweizerischen Volkskultur sowie der reichen Fauna und Flora, die die Idylle der Wengener Landschaft fast surreal erscheinen lassen.

Hotelzimmer mit Holzverkleidung des Grand Hotel Belvedere in Wengen Hotelzimmer mit Holzverkleidung des Grand Hotel Belvedere in Wengen

Neben bei Auktionen erworbenem Archivmaterial, das die Geschichte Wengens und seiner Umgebung dokumentiert, finden sich in den öffentlichen Räumen auch zeitgenössische Werke Schweizer Kunstschaffender, darunter Arbeiten mit territorialen Themen von Douglas Mandry. Dem gestalterischen Anspruch und der fantastischen Kulisse des Hotels – mit freiem Blick auf zwei der berühmtesten Viertausender der Alpen, Jungfrau (4.158 m) und Mönch (4.107 m) – folgend, befasst sich seine Serie The Monuments Project mit der fotografischen Erzählung dessen, was einst war und was noch kommen wird.

The Monument Project des Künstlers Douglas Mondry in der Lobby des Grand Hotels Belvedere der Beaumier Gruppe in Wengen

Der Künstler nutzt ikonografische Bilder des letzten Jahrhunderts und überträgt Fotografien schneebedeckter Berge aus den 1930er und 1940er Jahren mithilfe eines lithografischen Verfahrens direkt auf abgenutzte »Gletscherdecken« – Materialien, die aktuell in der Schweiz eingesetzt werden, um das Schmelzen der Gletscher zu verlangsamen. Diese Werke bewegen sich zwischen Trauer um eine mythische Epoche und dem Versuch, durch Hightech-Lösungen Bewahrung zu schaffen, und spiegeln die Verbindung zwischen technologischem Fortschritt und Klimawandel wider.

»…wie ein brutalistisches Relikt…«
– Valéry Clavien, Clavien & Associés

Der neu geschaffene, exklusive Spa-Bereich hingegen widersetzt sich im Großen jeglicher lokaler Tradition und jedem verspielten Charme. Zum Teil in den Steinhang integriert, verzichtet der Bau vollständig auf klassisches »Spa-Glitzern« – brutalistisch in der Ausführung, monolithisch in der Wirkung. Reduziert auf atmosphärisch einfallende Lichtachsen, die wärmende Qualität von mineralischen Materialien, die meditative Präsenz des Wassers und eine einnehmende Stille, entfaltet sich eine unerwartete Raumdramaturgie: geschaffen als ein Ort der Kontemplation und der Reduktion. Ein Innen- und ein Außenpool, Sauna, Dampfbad, Kaltwasserbecken sowie ein Ruhebereich sind inspiriert von japanischen Onsen, einem Ort der Stille und Reinheit.

Spa im brustalistischen Stil im Grand Hotel Belvedere in WengenSpamöbel aus Holz von Konstantin Grcic im Spa im Grand Hotel Belvedere in Wengen

Und im Kleinen achten die minimalistischen Sitzmöbel-Anfertigungen des international renommierten Designers Konstantin Grcic die alpine Bauweise jener Zeit, welche gemäß der Tradition maßgefertigt aus schlichten Holzelementen hergestellt wurde. Alles mit Blick auf die majestätische Kulisse: hoch aufragende Gletscherfelswände, rauschende Wasserfälle und die heilende Wirkung der Natur, die das Hotel umgibt – Elemente, die zugleich den Bogen zur eigenen gestalterischen Substanz und zum atmosphärischen Anspruch schlagen.

Hotelzimmer mit Terrasse des Grand Hotel Belvedere in Wengen

Die jüngste Wiederbelebung des Grand Hotel Belvédère durch Beaumier verkörpert nach wie vor jene glanzvollen Merkmale vergangener Zeiten, wie sie Stefan Zweig in seinen nostalgischen Erinnerungen an eine untergegangene Epoche beschreibt. Zugleich schlägt das Haus ein neues Kapitel auf – neu interpretiert oder gar gänzlich neu gedacht und doch tief verwurzelt –, um nicht nur die Tradition der Grand Hotels in den Alpen fortzuführen, sondern auch ein in großer Historie verwurzeltes Haus mit Feingefühl und Enthusiasmus in ein neues, noch unbeschriebenes Zeitalter zu führen. [DM]

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