À la Bourse de Commerce

Paris wird um eine Kulturinstitution reicher

© Marc Domage

Das Zentrum von Paris, der 1. Arrondissement, ist mit dem Louvre und dem Centre Pompidou (das allerdings bis 2026 wegen Renovierungsarbeiten geschlossen bleiben wird) sowie unzähligen kleineren Galerien und Museen ein wahres Mekka für Kunstliebhaberinnen und Kunstliebhaber. Auf wenigen Quadratkilometern befinden sich hier einige der wichtigsten Kunstwerke aus verschiedensten Epochen – wer möchte, kann in derselben Stunde da Vincis »Mona Lisa« in die Augen und Duchamps »Fountain« in den Ablauf schauen. Mit der Bourse de Commerce, einer ehemaligen Pariser Getreide-Börse und der künftig dort untergebrachten Pinault Collection wird die französische Hauptstadt nun um eine Kulturinstitution auf Weltniveau reicher.

Geographisch ziemlich exakt mittig zwischen Louvre und Centre Pompidou gelegen, wird der markante klassizistische Bau unter seiner enormen Kuppel eine der größten Sammlungen zeitgenössischer Kunst beherbergen. Multimilliardär François Pinault hat dabei keinerlei Kosten und Mühen gescheut, um seiner hochkarätigen Sammlung den passenden Rahmen zu geben.

 

Bourse de Commerce — Pinault Collection © Tadao Ando Architect & Associates, Niney et Marca Architectes, Agence Pierre-Antoine Gatier, Photo Patrick Tourneboeuf

Inwieweit die 2014 stattgefundene Eröffnung der Fondation Louis Vuitton seines Erzkonkurrenten Bernard Arnault zur Bereitschaft jeglichen denkbaren Luxus zu realisieren beigetragen hat, können wir nur spekulieren. Das Gesamtbudget des Projekts wird jedenfalls mit nicht weniger als 160 Millionen Euro beziffert. Dabei wird das Gebäude selbst von der Stadt Paris zur Verfügung gestellt.

Für die Renovierung des markanten, 13.000 Quadratmeter großen Baus verpflichtete Pinault seinen Hausarchitekten Tadao Andō. Der japanische Stararchitekt war bereits für die Neugestaltung des Palazzo Grassi und der Punta della Dogana in Venedig, in denen Pinault seit 2005 Teile seiner Sammlung ausstellt, verantwortlich.

 

Bourse de Commerce — Pinault Collection © Tadao Ando Architect & Associates, Niney et Marca Architectes, Agence Pierre-Antoine Gatier Photo Patrick Tourneboeuf

Die 3.000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche im Herzen von Paris ist dabei sowohl von außen wie von innen betrachtet in höchstem Maße opulent. Im Inneren setzt Andō mit einem neun Meter hohen Betonkegel von 30 Metern Umfang einen modernen Akzent, der im krassen Kontrast zur klassizistischen Architektur des Gebäudes steht. Sichtbeton trifft auf historische Fresken, puristische Glasgeländer stehen ausladendem Stuck und floralem Mosaik gegenüber.

Andōs Idee war dabei, durch seinen Betonzylinder »die Erde und den Himmel miteinander zu verbinden«. Durch die direkt über dem Zylinder liegende eiserne Glaskuppel, mit Baujahr 1811 Frankreichs älteste Metallstruktur dieser Art, und durch das daraus resultierende Lichtspiel am Sichtbeton, wird diese Idee tatsächlich visuell nachvollziehbar.

 

Bourse de Commerce — Pinault Collection © Tadao Ando Architect & Associates, Niney et Marca Architectes, Agence Pierre-Antoine Gatier Photo Marc Domage

Pinault selbst betont, wie sehr es ein Herzensprojekt für ihn sei, seine Kollektion in Paris zeigen zu können. 10.000 Werke von knapp 400 Kunstschaffenden sind das Zeugnis einer Sammelleidenschaft, die vor über 40 Jahren begann. Pinault kann unter anderem Stücke von Damien Hirst, Jeff Koons und Mark Rothko sein Eigen nennen. Dabei soll die Bourse de Commerce bewusst allen Kunstdisziplinen gegenüber offenstehen. Neben dem Hauptausstellungsraum, der gewaltigen Rotunde, wurde der Bau auch mit einem Studio, der sogenannten »Black Box« im Untergeschoss ausgestattet. Dort sollen unter anderem Aktionskunst-Performances sowie Video-Installationen und Audiokunstformate gezeigt werden.

Dass bei solch einem Projekt nicht irgendeine schnöde Museumskantine Besucherinnen und Besuchern Sandwiches und Softdrinks aus Dosen anbietet, versteht sich von selbst. Im obersten Stockwerk der Bourse de Commerce möchte man mit dem Restaurant Halle aux Grains unter der Leitung der Köche Michel und Sébastien Bras die Vergangenheit des Gebäudes zelebrieren. So spielen Getreide, Körner und Keimlinge in der Küche ab der bevorstehenden Eröffnung im April 2021 wieder eine Hauptrolle, ganz so wie sie es eben auch im 18. Jahrhundert unten in der Halle der Warenbörse taten. [AD]

 

Bourse de Commerce — Pinault Collection © Tadao Ando Architect & Associates, Niney et Marca Architectes, Agence Pierre-Antoine Gatier Photo Maxime Tétard, Studio Les Graphiquants, Paris