Materialkunde

Auf den Spuren von Max Lamb

Photo Credit: Courtesy of Kate Anglestein for Gallery FUMI

Allein durch die Vielfalt an Materialien und die Kombination aus traditionellen Techniken und zeitgenössischer Formgebung überrascht Max Lamb die Designwelt immer wieder aufs Neue. Die Arbeiten des jungen, aus Cornwall stammenden Möbeldesigners sind mittlerweile auf den wichtigsten Designmessen der Welt zu sehen – Salone del Mobile, Design Miami Basel, London Design Festival, um nur einige zu nennen.

Lamb, der im Kontext der Präsentation seiner Werke »keine Szenografie« mag, keine »Sockel, Podeste, Fassaden, Vorhänge«, stellt den Entstehungsprozess immer in das Zentrum seiner Arbeit. Oft, wenn auch nicht immer, lässt uns der Designer das Zustandekommen seiner jeweiligen Möbel oder Objekte durch deren grobe Formgebung erahnen. Eine unprätentiöse Arbeitsweise, die stete Verwendung hochwertiger und teils dekontextualisierter Materialien und erfrischende Resultate formen somit die Handschrift von Max Lamb.

Auf seiner stetigen Suche nach neu zu erlernendem Handwerk bereist er verschiedenste Regionen der Welt, die dabei gewonnenen Eindrücke und angeeigneten Fähigkeiten sind in den Arbeiten des Designers oft deutlich wiederzuerkennen. Auf den Spuren von Max Lamb besuchen wir daher – wenn auch den Umständen entsprechend nur virtuell – einige der Orte, an denen vergangene Projekte des britischen Designers ihren Anfang gefunden haben.

 

Photo Credit: Courtesy of Nuria Rius.

Italien – Carisolo
Marmoreal

In Zusammenarbeit mit den in London ansässigen Produzenten von architektonischen Materialien DZEK hat Max Lamb im Jahr 2014 Marmoreal entwickelt. Den synthetischen Marmor hat der Designer im Rahmen einer intensiven Materialrecherche in Carisolo, einer kleinen Gemeinde im Norden Italiens, entwickelt. Bestehend aus vier verschiedenen Marmorsorten (Rosso Verona, Giallo Mori, Verde Alpi and Bianco Verona) hat Lamb dort eine neue Interpretation des klassischen Terazzo Marmors entwickelt. Bei Marmoreal werden, im Vergleich zum traditionellen Terazzo Marmor, große Steinstücke integriert und formen so besonders auffällige grafische Akzente. Das entwickelte Material besteht aus 95 Prozent Marmor und fünf Prozent Polyesterharz, was für einen festeren, weniger porösen Stein sorgt. Für die erstmalige Präsentation der neuen architektonischen Oberfläche gestaltete der Designer eine Reihe von Möbel, die die außergewöhnliche Beschaffenheit des Materials betonen und auf der Design Miami Basel sowie Salone del Mobile der Öffentlichkeit gezeigt wurden.

 

Image Credit: Courtesy of DZEK
Image Credit: Courtesy of DZEK

Japan – Wajimi
Urushi Möbel

Die Begeisterung für das Urushi Lack-Verfahren begleitet Max Lamb schon seit vielen Jahren und findet in seinen Projekten wiederholt Anwendung. Bei dem Verfahren handelt es sich um eine Technik, die eine Jahrtausend alte Geschichte in Ostasien aufzuweisen hat. Holzgegenstände, im traditionellen Gebrauch sind diese oft funktionales Geschirr, werden hierbei Schicht für Schicht mit dem harzähnlichen Saft des giftigen Lackbaums toxicodendron vernicifluum lackiert. Da das Trocknen der einzelnen Schichten viel Zeit in Anspruch nimmt, kann das Fertigstellen eines Urushi Objekts mehrere Monate dauern. Sobald der Lack jedoch getrocknet ist, erweist sich dieser als extrem hart, haltbar und wasserfest und bildet so die ideale Beschichtung für Gebrauchsgegenstände des Alltags.

Für die Erlernung dieser Technik und der Entwicklung seiner eigenen Objekte reiste Max Lamb vermehrt nach Japan und arbeitete dort mit lokalen Handwerkern zusammen.

Traditionell trägt man den Lack so oft auf, bis die ursprüngliche Holzstruktur kaum noch zu erkennen ist. Lamb hat auch hier einen persönlichen Zugang zu dieser Technik gefunden und diese für seine Möbel zeitgenössisch interpretiert. Bei seinem Urushi Stool, den er in Zusammenarbeit mit Hidetaka Wakashima für die Gallery FUMI entworfen hat, stößt diese geschichtsträchtige Methode so zum Beispiel auf zeitgenössisch grob geschlagene Holzmöbel und kreiert einen unglaublich spannenden Kontrast zwischen traditioneller Technik und ihrer zeitgenössischen Anwendung.

 

Photo Credit: Courtesy of Kate Anglestein for Gallery FUMI
Photo Credit: Courtesy of Kate Anglestein for Gallery FUMI

Australien – NSW, Gosford Quarries
Hawkesbury Sandstone Furniture

Als Nächstes verschlägt es uns nach Australien. Für Broached Commissions hat sich Max Lamb im Jahre 2011 dem Material des Hawkesbury Sandsteins gewidmet.
Für Lamb hat sich diese Art des Sandsteins in seiner vorhergehenden Recherche als signifikante Eigenschaft der Bucht von Sydney manifestiert und wurde so zum Zentrum seiner Arbeit vor Ort. Wie so oft ist Max Lamb auch für dieses Projekt ohne eine genaue Vorstellung von endgültigen Formen und Designs angekommen und hat sich bei der Entwicklung von der lokalen Geschichte, den Handwerkern und Handwerkerinnen sowie den zur Verfügung stehenden Werkzeugen inspirieren lassen.

Bei einem einmonatigen Aufenthalt in Sydney entstand so eine Serie aus formschönen Sandstein-Möbelstücken in Zusammenarbeit mit den Gosford Quarries. Die Kollektion setzt sich unter anderem aus einem Tisch, Hockern, einer Bank sowie einer kleinen Treppe zusammen und birgt zahlreiche Referenzen zur Kolonialgeschichte Australiens.

 

Photo Credit: Broached Commissions
Photo Credit: Broached Commissions

United Kingdom, Cornwall, Caerhays Beach
Pewter Stools

Den letzten Stop der Materialreise mit Max Lamb verlegen wir an den Ort seines Ursprungs, nach Cornwall. Der Designer ist an Westenglands Küsten aufgewachsen und beschreibt seine Kindheit dort oft als den Auslöser für die Naturverbundenheit und die Verfolgung des praktischen Ansatzes in seiner Arbeit. Seit seiner Studienzeit hat Lamb den Strand wiederholt für Experimente mit dem Sandgussverfahren aufgesucht. Unter anderem ist er dorthin auch im Jahre 2014 zurückgekehrt um mit derselben Technik eine Serie von sieben dreibeinigen Hockern zu formen, welche von der Johnson Trading Gallery auf der Design Miami Basel im Jahre 2014 präsentiert wurden. Aufgrund der geringen Materialanforderungen gilt diese Methode als eine der einfachsten Formen des Gießens. Der Designer hat dafür geschmolzenes Zinn in eine zuvor direkt in den Sand geformte Hohlform gegossen. Nach bereits zehn Minuten kühlt das verwendete Material ab und das fertige Objekt kann direkt am Strand ausgegraben werden. Das Ergebnis ist auch hier wieder ein zeitgenössisches Möbelstück, welches durch die Geschichte seiner Entstehung schon vor der ersten Verwendung ganze Bände spricht. [MS]

 

Pewter Stool – Max Lamb, Film: Max Lamb, 2006, 4 Min, Quelle: Max Lamb, Vimeo

 

Mehr Einblicke in die Arbeit von Max Lamb können direkt auf seiner Website gewonnen werden.