Meister der Harmonien

Axel Vervoordt im Gespräch

Photo Credit: ©Laziz Hamani/ Flammarion

Axel Vervoordt sammelt und handelt mit Kunst und Antiquitäten. Er richtet die Häuser einer illustren und oftmals berühmten Klientel ein und designt selbst Möbel. Den Begriff des Dekorateurs mag er nicht. Chapter sprach mit dem Ästheten, der es wie kein anderer schafft, mit sanften Tönen und ruhigen Formen sensationelle Räume zu gestalten, die in ihrer Zurückhaltung mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als so manch aufdringlich lautes Design.

Zu Gunsten der universellen Harmonie ist es unumgänglich beim Einrichten des eigenen Hauses auf ein alle Aspekte berücksichtigendes Gesamtkonzept zu setzen, schließlich sollen im besten Falle Architektur, Einrichtung und Kunst, zusammen mit dem Umfeld eine Einheit bilden. Genau diese Feinsinnigkeit ist es, die allen Realisationen Axel Vervoordts inne zu wohnen scheint. »Der Aspekt der Universalität hat mich immer inspiriert und ist das, was ich bei all meinen Aktivitäten als Ziel habe: Ich möchte Räume schaffen, die meine Kunden und Kundinnen lieben und in denen sie ihr gesamtes Leben lang leben möchten. Architektur und Kunst sind dabei meine Werkzeuge.« Und insbesondere der Kunst kommt dabei eine besondere Rolle zu, betont Vervoordt: »Viele meiner Kunden und Kundinnen entdecken sich selbst durch die Kunst, die ich ihnen vermittle.« Durch diese Art des Arbeitens, wird das Haus vom reinen Wohnort zum in vielerlei Hinsicht erfüllenden Lebensraum erhoben.

Beim Betrachten von Vervoordts Werk, kommt man nicht umhin festzustellen, wie zeitlos sein Schaffen ist. Auf den ersten Blick ist es kaum möglich, den verschiedenen Projekten eine Jahreszahl zuzuordnen. Sie alle wirken immer zeitlos modern, auch wenn seine Realisationen mehr als fünf Jahrzehnte umfassen. Wie ein roter Faden zieht sich dabei durch nahezu alle von ihm gestalteten Häuser und Wohnungen das von Vervoordt so geliebte japanische »Wabi-Sabi« Konzept, bei dem Einfachheit und Reduzierung im Vordergrund stehen, um so die Schönheit und Eleganz von Naturmaterialien in den Vordergrund zu stellen. 

 

Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion
Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion
Photo Credit: Jan Liégeois/Laziz Hamani/ Flammarion

Vervoordts 2010 erschienenes Buch Wabi-Inspirations veranschaulicht mit welcher Perfektion und Mühelosigkeit der Belgier dieses Konzept in seinen Arbeiten interpretiert und ihm gleichzeitig seine ganz eigene Handschrift verleiht. Bereits in den hochwertigen Fotografien schaffen es die Farben seiner Räume eine warme Tiefe auszustrahlen, die den Betrachter spüren lässt, dass Harmonie bei Vervoordt nicht nur eine leere Verkaufsphrase ist. Die Liebe zum Minimalismus bedeutet bei Vervoordt nicht, dass er nur puristische Lofts gestaltet. Besonders anschaulich ist dies in seinem neuesten Bildband Portraits of Interiors. 

Er selbst lebt in einem Schloss aus dem 18. Jahrhundert mit mittelalterlichen Wurzeln. »Ich liebe alle Stile und Epochen, solange sie echt und ehrlich sind. Ich empfinde es als Ehre in meinem Haus mit seiner Vergangenheit leben zu dürfen, es im bestmöglichen Zustand zu erhalten, um es dann irgendwann an die nächste Generation zu übergeben.« Im Kontrast dazu stehen seine Galerien und Büros nahe Antwerpen, die im neu belebten Industriegebiet Kanaal am Ufer des Albert Kanals liegen. »Ich schätze diese Gegend genauso. Gemeinsam mit dem Schloss bilden beide Orte mein Yin und Yang.« 

Trotz all dem Minimalismus – Vervoordt, das ist Luxus. Sämtliche seiner Möbel werden in einem Workshop von spezialisierten Handwerkern gefertigt. Dementsprechend ehrlich ist auch Vervoordts Antwort auf die Frage, ob es ihn reizen würde Dinge zu einem niedrigeren Preis zu kreieren, um einer breiteren Masse zugänglich zu werden . »Unser Ansatz, recycelten Materialien ein neues Leben zu geben, bedeutet, dass es sich bei jedem Stück um ein Unikat handelt, was unsere Kunden und Kundinnen sehr schätzen. Es erfordert aber auch eine geschickte Herstellung und teilweise sehr zeitaufwändige Handarbeit. Daher fürchte ich, dass es unmöglich ist, eine breitere Zielgruppe zu erreichen.«  

Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion
Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion

 

Die Kundenliste von Vervoordt liest sich dabei wie das Who is Who aus Wirtschaftsprominenz und Showbusiness. Bill Gates, Calvin Klein, Kanye West und Kim Kardashian sind nur einige der klangvollen Namen auf der Liste derer, die sich als privaten Rückzugsort einen luxuriösen Vervoordt-Kokon gönnen. Es ist wohl nicht zuletzt Vervoordts Einfühlsamkeit, die ihn bei dieser Klientel so beliebt macht. »Für Menschen mit einer prall gefüllten Agenda und einem extrem hektischen Alltag ist ein Rückzugsort, an dem sie ein einfaches, stressfreies Familienleben genießen können, besonders wichtig. Für mich beginnt die Arbeit immer damit den Menschen, für den ich ein Heim schaffen soll, kennenzulernen. Wie sieht sein Leben aus und welcher Lebensraum passt zu ihm? Wo wird dieser Mensch glücklich sein?«

Dabei sieht Vervoordt seine geschaffenen Räume mehr als Rahmen für seine Bewohner und Bewohnerinnen, um sich selbst dort zu finden. »Unsere Arbeit soll im besten Fall eine Inspirationsquelle sein, die Idee von Dekoration ist nicht einfach nur zu dekorieren.«

Eine besondere Rolle kommen bei dem belgischen Schöngeist auch sogenannten »Objets Trouvés«, also Fundstücken zu. »Man muss einfach nur die Augen öffnen, seinem Instinkt und seinem Herzen folgen, so kann jeder seine ganz eigenen Dekorationsobjekte finden.« Ein Ratschlag, dem man auch mit kleinem Geldbeutel gut folgen kann. 

Ähnlich zurückhaltend, wie sein Interior Design ist auch Vervoordts Zugang zur Kunst. »Ich habe meinen Kunden und Kundinnen nie gesagt, dass sie nach den Big Names suchen sollen. Mein Rat ist immer gewesen, nach der intrinsischen Qualität eines Kunstwerks zu suchen. Rubens beispielsweise hat keines seiner Gemälde signiert, die Qualität allein sprach und spricht bereits für sich.« Die neueren Entwicklungen auf dem Kunstmarkt sieht Vervoordt dementsprechend auch nicht ohne Vorbehalte. »Kunst als reine Investitionsform zu betrachten ist gefährlich. Sie ist schließlich dazu da, um Emotionen auszudrücken. Dementsprechend muss auch eine innere, gefühlte Verbindung zum Kunstwerk bestehen, wenn man es kauft.«

Man merkt, der Gedanke der Universalität ist bei Vervoordt mehr als nur ein ästhetisches Konzept, es ist ein ganzheitliches Lebensprinzip. [AD]

Wabi Inspirations und Portraits of Interior sind direkt bestellbar bei:

axel-vervoordt.com/books

 

Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion
Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion
Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion
Photo Credits: ©Laziz Hamani/ Flammarion