Um den perfekten Blauton zu entwickeln, färbte Alena Gersonde, Senior Designerin bei Mazda, unterschiedliche Textilien ein. Daran lässt sich gut erkennen, dass Handwerk beim japanischen Hersteller auch bei der Suche nach neuen Karosseriefarben eine entscheidende Rolle spielt. Außerdem setzen Gersonde und ihr Team bei ihren Streifzügen durch die Welt der Farben auf die bewährte Verbindung von Expertise und Experimentierfreudigkeit.
Beim japanischen Automobilhersteller Mazda ist auch die Entwicklung neuer Karosseriefarben eng mit der für die Marke typischen Leidenschaft für Handwerk verbunden. »In der heutigen Zeit verliert man leicht den Bezug zur manuellen Herstellung von Gegenständen«, sagt Alena Gersonde, die sich als Senior Designerin für Farben, Materialien und Finish intensiv unter anderem auch mit der Suche nach neuen Farbtönen beschäftigt. »Aber die Farben und Materialien, die wir entwickeln, sind real; sie werden die Fahrer und Passagiere in unseren Autos umgeben. Deshalb verbessern wir den Designprozess, wenn wir mit echten Materialien arbeiten. Auch wenn es nicht möglich ist, selbst gefärbte Stoffe in einem Fahrzeug zu verwenden, war die Erkundung dieser Tradition eine einzigartige Inspirationsquelle.«
Diese besondere Verbindung von Expertise und Experimentierfreudigkeit ist der Nährboden, auf dem bei Mazda neue Farbtöne entstehen. Gerade arbeitet Alena Gersonde mit ihrem Team an einem neuen Blauton für zukünftige Mazda-Modelle, erzählt sie. Dabei ließ sie sich unter anderem von der traditionellen japanischen Denim-Produktion inspirieren. Im Entwicklungsprozess wurden verschiedene Stoffe zunächst auf unterschiedliche Weise gefaltet, genäht und gebunden, bevor sie mit Indigo gefärbt oder in die Farbe getaucht wurden. Um aus diesen Indigo-Farbtönen eine einzigartige Fahrzeugfarbe entstehen zu lassen, lackierte das Designteam mehrere Blechmuster mit dem bewährten Dreischicht-Lackiersystem von Mazda.
Ein Rotton mit viel Seele
Die Suche nach neuen Farben führt das Mazda-Designteam jedoch nicht nur tief hinein in die Geschichte des Handwerks, sondern auch hinaus in die Natur. Um sich mit der Entstehungsgeschichte der Farbe Rot, die eine der ersten vom Menschen hergestellten Farben war, zu beschäftigen, sei es beispielsweise unumgänglich, den berühmten Ockerfelsen des Luberon einen Besuch abzustatten. Seit mehr als 300.000 Jahren verwenden Menschen Ocker, um Farben – unter anderem Rottöne – herzustellen. Und zu den Epizentren der Ockergewinnung gehörten stets ebenjene beeindruckenden Ockerfelsen der französischen Gebirgskette des Luberon.
Mitsamt all seinen unterschiedlichen Konnotationen – von glühender Liebe und Leidenschaft, bis hin zu Macht und rasendem Zorn – gehört Rot zu den zentralen und beliebtesten Karosseriefarben des japanischen Herstellers. Die starke emotionale Komponente, die von der Farbe ausgeht, spielt dabei eine zentrale Rolle. Mit der Einführung der »Kodo«–Designphilosophie, die auf der kraftvollen und unwiderstehlichen Schönheit natürlicher Bewegung in einem stillen Objekt basiert, begann für die zuvor bereits beliebte Karosseriefarbe ein neues Kapitel: »Soul Red« wurde entwickelt – ein lebendiger und hoch gesättigter Farbton, perfekt auf die Designsprache abgestimmt.
Vom Ziel angetrieben, ein Rot, das bei Lichteinfall leuchtet und im Schatten satt und dunkel wirkt, zu erschaffen, war die Suche nach dem perfekten Rotton jedoch noch nicht abgeschlossen. »Ich wollte einen tiefen Rotton wie das durchscheinende Rot von Rubinen oder von rotem Glas«, brachte es Senior Creative Expert Keiichi Okamoto einmal auf den Punkt – und sein Team machte sich an die Arbeit. Das Ergebnis war das 2017 eingeführte »Soul Red Crystal«.
Melting Copper
Wie in so vielen kreativen Bereichen spielt auch im Automobildesign die perfekte Balance zwischen dem schnellen Erkennen von Trends und der Suche nach Zeitlosigkeit eine entscheidende Rolle, so Alena Gersonde, die für die Zukunft erwartet, dass sich durch neue Materialien und Technologien die Grenzen der Kreativität verschieben werden und die Automobilästhetik dadurch neu definiert wird. »Die Überschneidung von Nachhaltigkeit, fortschrittlichen Materialien und sich verändernden Kundenpräferenzen eröffnet spannende Möglichkeiten«, fasst sie zusammen.
Auch die Suche nach neuen Farbtönen ist vom bereits erwähnten Gleichgewicht zwischen neu aufflackernden Trends und Zeitlosigkeit geprägt. Bei der Farbe »Melting Copper«, die beim neuen Mazda CX-80 erstmals zum Einsatz kommt, versuchte das Designteam, neue Fragen mit alten Materialen und Verfahren zu beantworten. Man orientierte sich an Metallen wie Bronze und Kupfer, die seit Tausenden von Jahren verwendet werden, tauchte diese jedoch in neues Licht. Um die nuancierten Farbtöne von »Melting Copper« zu erreichen, haben Koloristen und Modellbauer als Referenz einen aus echtem Kupfer geschlagenen Block hergestellt.
Aller guten Dinge sind drei
Bei Mazda wird die Farbe als wesentliches Element der Formgebung wahrgenommen. Das drückt sich unter anderem darin aus, dass die subtilen und gleichzeitig dynamischen Oberflächen, die die Kodo-Designphilosophie auszeichnen, durch die Farbgebung akzentuiert wird. Ein starker Kontrast zwischen Licht und Schatten wie auch eine glatte Oberfläche sind die Markenzeichen der sogenannten Takuminuri-Farben von Mazda. Der Begriff setzt sich aus den japanischen Wörtern für Handwerksmeister und Lackierung zusammen. Alle Takuminuri-Farben besitzen einen Aufbau aus drei Schichten: einer reflektierenden Schicht, einer lichtdurchlässigen Farbschicht und einem Klarlack.
Alena Gersonde betont, dass die Suche nach stets neuen Farben im Automobilbereich noch lange nicht abgeschlossen ist. Das liegt auch daran, dass Trendforscher:innen davon ausgehen, dass es in Zukunft eine noch stärkere Konzentration auf die physiologischen wie auch psychologischen Auswirkungen von Farben geben wird – auf Farbtöne, die beruhigende, energiespendende und sogar verbindende Wirkung haben. Und natürlich gibt es laufend neue Studien, die zeigen, welch großen Anteil Farben in Bezug auf den Erfolg eines Produkts haben. Eines ist außerdem sicher: Bei Mazda möchte man sich bei der Suche nach neuen Farben weiterhin von der Kunst des Handwerks und der Natur inspirieren lassen und darüber hinaus auf die bewährte Verbindung von Expertise und Experimentierfreudigkeit setzen. [Red.]