Die Zukunft verinnerlicht

Porsche gestaltet das Interieur von Morgen

Photo Credits: Porsche

Mit dem Konzeptfahrzeug »Renndienst« möchte Porsche zeigen, wie Interieur in Zukunft neu gedacht werden könnte. Welche Rolle das sprechende Auto K.I.T.T. dabei spielt, erklärt Director of User Experience Design Ivo van Hulten.

An der Kreuzung von Erfahrung, Erlebnis und Design ist bei Porsche momentan Hochbetrieb. Das merkt man unter anderem an den fortlaufenden Weiterentwicklungen des Fahrzeug-Innenraums, an denen der niederländische Automobildesigner Ivo van Hulten maßgeblich beteiligt ist. Als Director of User Experience Design denkt er sich nicht nur in Bedürfnisse und Gewohnheiten der (künftigen) Porsche-Fahrer und -Fahrerinnen hinein, sondern schickt seine Gedanken auch auf eine spannende Reise in die Zukunft der Mobilität. »Früher haben wir vor einer Fahrt unser Ziel ins Navigationssystem eingetippt. Heute bereiten wir die Route auf dem Smartphone vor, während wir auf dem Sofa sitzen, und schicken sie anschließend ans Auto«, erklärt van Hulten. Das Mögliche ist für den Designer Selbstverständlichkeit, das scheinbar Unmögliche reizvoll und einen Ausflug ins Ungewisse wert. Gemeinsam mit Designchef Michael Mauer und Markus Auerbach, Leiter Interieur Design, experimentiert er jeden Tag mit dem, was in einigen Jahren die Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen stillen soll.

 

 

Ein Auto wie eine Raumkapsel 

Wohin diese Reise mitsamt all ihren automatisch mittransportierten Erlebnissen geht, lässt sich anhand des Konzeptfahrzeugs und Raumkonzepts »Renndienst«, einem familienfreundlichen Van für bis zu sechs Personen, gut veranschaulichen. „Mit dem Taycan haben wir gezeigt, wie sehr wir nach vorne denken“, sagt Ivo van Hulten. »Jetzt beschäftigten wir uns mit einer möglichen nächsten Gesamtinnovation. Hierfür haben wir von innen nach außen gedacht und gearbeitet.« 

Zu den wichtigsten Fakten: Der Fahrer sitzt vorne alleine auf einem in der Mitte angebrachten Sitz, der um 180 Grad gedreht werden kann, so dass es ihm möglich ist, sich den Mitfahrenden zuzuwenden. In der zweiten Reihe gibt es zwei Einzelsitze, die jeweils etwas nach außen gerückt platziert sind. Auf diese Weise können die beiden Insassen am Fahrer vorbei durch die Windschutzscheibe oder auf ein eigenes Display im Armaturenbrett schauen. Zwischen den beiden Sitzen gibt es einen Durchgang. Durch diesen gelangen die Passagiere zur Rückbank, die drei Plätze bietet. “Wir haben überlegt, wie wir einem Innenraum, der so weit weg ist vom klassischen Sportwageninterieur, dennoch eindeutig Porsche-Flair verleihen können. Und wie sich autonomes Fahren gestalten ließe”, sagt Designchef Michael Mauer. 

 

 

Schon das einer Raumkapsel ähnliche Exterieur legt nahe, warum sich das Concept Car gut zur Veranschaulichung in der Zukunft liegender Bedürfnisse eignet. Dieses kapselartige Gefühl wird, wie Interieur-Designchef Markus Auerbach betont, unter anderem durch die asymmetrische angeordneten Seitenfenster unterstrichen: »Eine Seite ist geschlossen, die Passagiere können sich dort zurückziehen. Die andere ziert eine große Fensterfront für den ungetrübten Blick nach draußen. Wenn wir die Türen schließen, fühlt sich der Innenraum wie eine schützende Kapsel an.« Daraus lässt sich gut ableiten, dass Geborgenheit und Komfort zu jenen Bedürfnissen gehören, die mit diesem Auto auf jeden Fall befriedigt werden sollen. Das Fahrzeug wird auf diese Weise nicht nur als funktionales Objekt, sondern als erweiterter Lebensraum gesehen. 

Dass jede Zukunftsmusik immer einen stark digital geprägten Unterton hat, spielte auch bei der Entwicklung des Porsche Renndiensts, dessen Name an den legendären VW Renndienst-Transporter erinnern soll, eine wichtige Rolle. Dennoch wusste man bei jedem einzelnen Entwicklungsschritt auch um die besondere Bedeutung der physischen Erfahrung des Innenraums. Markus Auerbach erklärt es folgendermaßen: »Eine digitale Reise kann uns ein Tor zu einem Universum öffnen, aber niemals die physische Erfahrung ersetzen. Ein Auto ist ein Raum, der sich bewegt, ob ich selbst fahre oder nicht. Die Sitze in diesem Van sind für Bewegungen konzipiert worden, sie halten und unterstützen den Körper.« Durch ihre gebogenen Seiten lässt die Rückbank einen anderen Sitzwinkel zu, wird zu einem kommunikativen Bereich, der Platz für Arbeit, Austausch und Entspannung bietet. Bei den Materialien setzt Auerbach einerseits auf nachwachsende Rohstoffe wie Holz wie auch auf nachhaltige Kunststoffe, andererseits auf sogenannte »Smart Materials«, die auf externe Faktoren reagieren und sich beispielsweise selbst illuminieren, ohne dafür direkt beleuchtet werden zu müssen. Verbindung zur Markentradition entsteht unter anderem durch fünf klassische Rundinstrumente im Cockpit wie auch durch die Integration haptischer Knöpfe. 

 

 

Fehlt nur noch die Seele 

Im nächsten Schritt möchte Ivo van Hulten über die »Seele« des Raumkonzepts und Konzeptfahrzeugs nachdenken. Dabei blickt er auf eine der Ikonen seiner Kindheit zurück. »K.I.T.T., das sprechende Auto, zog mich in seinen Bann. Das starke Gespann aus Hauptdarsteller und Fahrzeug holte mich gedanklich ab. Ich bin mit dem Auto in Verbindung getreten, denn es hatte eine Seele.“ Aus dieser Überlegung ergeben sich für ihn Fragen wie »Welchen täglichen Umgang planen wir – rufen wir unser Auto in 30 Jahren an und dann holt es uns ab?« Eines ist jetzt schon gewiss: Es bleibt spannend an der Kreuzung von Erfahrung, Erlebnis und Design. [SW]