Design im Fluss

Green River Project

Photo Credits: Green River Project

New York City schafft es auch in Zeiten der Pandemie, das Epizentrum für Designtrends zu bleiben. Wer es hier vollbringt alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, hat sich vermutlich gegenüber mehr Konkurrenz als in jeder anderen Stadt behauptet. Spätestens seit der Eröffnung des Restaurants Dr Clark House ist das Design Studio Green River Project in aller Munde und das aus gutem Grund. Denn – und das ist heutzutage sicherlich nicht einfach – Green River Project hat es geschafft eine ganz eigene unverkennbare Handschrift zu kultivieren.

Als Aaron Aujla und Benjamin Bloomstein 2017 das Design Studios Green River Project kurz GRP, gründeten, konnten beide bereits auf Erfahrung im Bereich Inneneinrichtung zurückgreifen. Die beruflichen Wurzeln beider finden sich in der Kunstwelt, vor der Gründung von GRP teilten sie sich ein Studio, indem sich Aujla der Malerei und Bloomstein der Bildhauerei widmete. Heute kreiert das Duo mit Firmensitz in Bed-Stuy Brooklyn und einem weiteren Büro in Los Angeles Möbel und richtet im Auftrag Privatwohnungen ein. Auch für das Design der New Yorker Boutique des Modelabels Bode und des, bereits eingangs erwähnten, extrem angesagten Restaurants Dr Clark House war das Studio verantwortlich.

 

 

Besonders beispielhaft für den Stil von GRP ist naheliegenderweise auch das eigene Büro. Green River Project logiert in einem Lagerhaus in Bedford-Stuyvesant, einem Teil Brooklyns, in dem die Gentrifizierung zwar schon ihre Spuren hinterlassen hat, wo sich aber nach wie vor auch noch junge aufstrebende Kunst- und Kreativschaffende, die sich die exorbitanten Mieten in Williamsburg, Tribeca oder Soho nicht leisten können, oder nicht leisten wollen, niederlassen.

 

 

Trotz Lagerhauslage wurde im Inneren des Büros darauf verzichtet Industriedesign zu zelebrieren. Im ersten Moment durchaus überraschend, so gewohnt ist man schließlich in weiten Teilen Brooklyns an den Anblick von sich öffnenden Lastenaufzugtüren und meterhohen Backsteinwänden mit riesigen Sprossenfenstern. Bei GRP herrscht im Büro dagegen Kontrastprogramm. Wüsste man es nicht besser, man würde die Räumlichkeiten wohl eher in Midtown Manhattan in einem der markanten Bauhaus- oder Mid-Century-Wolkenkratzer verorten. 

 

 

Dafür sorgen insbesondere die hölzernen Wandpaneele, die eine Art Signatur des Designstudios darstellen und sich in diversen Projekten von Green River Project wiederfinden. Dabei vermeiden Aujla und Bloomstein, dass die von ihnen geschaffenen Räume eine pure nostalgische Reminiszenz ans Mid-Century-Design sind, indem sie den Wandvertäfelungen oftmals unerwartet Stücke und Materialien entgegensetzen, denen zeitweise eine gewisse Rustikalität innewohnt. »Holzvertäfelungen als Gestaltungselement auf die Innenarchitektur Mitte des letzten Jahrhunderts zu reduzieren ist zu kurz gegriffen«, betont Aujla. »Der massive Gebrauch von Schichtholz als Wandverkleidung zu dieser Zeit ist natürlich nicht zu leugnen, doch Holzwände in diversen Formen gab es schon lange zuvor und in diversen anderen Varianten und Formen.«

 

 

Ein Bruch zu linear-graphischen Elementen sind bei GRP oftmals organische Formen und unerwartet rustikale Materialien, was der Gesamtästhetik der gestalteten Räume die Strenge nimmt. So kombiniert das Designstudio unter anderem bei einem ihrer Sessel groben Bast mit fein poliertem Mahagoni – hierfür erfordert es durchaus Mut.

Bei den von ihnen geschaffenen Möbelstücken betonen die Designer von GRP, dass für sie der Schaffensprozess, insbesondere die Recherche im Vordergrund steht. Jedes Jahr entwerfen sie mehrere Kollektionen, die sich einem speziellen Thema widmen. »In der Kunstwelt ist es üblich um ein Narrativ herum ein Werk zu gestalten, davon inspiriert verfolgen wir diesen Ansatz auch bei unseren Möbeln.«

Genau dieser Schaffensprozess ist es, der den Möbeln nicht nur ihre ganz eigene, durchaus intellektuelle Geschichte gibt, sondern eben auch unverkennbar einen Bezug der einzelnen Stücke zueinander innerhalb einer Kollektion herstellt. In der zuletzt vorgestellten Serie widmet sich das Designduo dem Material Aluminium. Inspiriert wurden Aujla und Bloomstein dabei vom Innenarchitekten des Time Life Gebäudes, Gerald Luss. Das Ergebnis sind skulptural anmutende Möbel, wobei sämtliche Stücke, Stuhl, Chaiselongue, Tisch und Beistelltisch dennoch absolut wohnlich und alltagstauglich erscheinen. »Ein Sessel ist ein Wohngegenstand und soll Teil des Lebens sein, nicht ein Kunstwerk, das man nur anschaut«, so Aujla.

 

 

Mit dem Ziel, eben nicht nur nett anzusehende Wohnobjekte zu kreieren, sondern vielmehr Geschichten zu erzählen und Bezüge herzustellen scheint GRP einen Nerv der Zeit zu treffen. So ist es aktuell auch nicht wirklich einfach eines ihrer Stücke zu ergattern. Dass aus ursprünglich vier Kollektionen pro Jahr in 2020 zwei und in diesem Jahr drei wurden, versucht Green River Project nicht mit Covid oder einem notwendigen Entschleunigungsprozess zu erklären. Sympathisch pragmatisch erklärt Aujla: »Wir hatten ganz einfach zu viele Einrichtungsprojekte, haben Bars und Restaurants gestaltet. Da waren vier Kollektionen schlichtweg nicht möglich.« Bei dem Erfolg, den die beiden aktuell haben, wird sich das vermutlich auch in Zukunft nicht so schnell ändern. [AD]