Es ist nun schon über ein Jahr her, seit das Covid-19-Virus unseren diversen Reiseambitionen gewaltig in die Quere kam. Grenzschließungen, eingeschränkter Flugverkehr, Quarantäneauflagen und individuelle Einreisebedingungen sind bis heute in ihrem permanenten Wandel ständig präsent. Doch eines kann uns kein Virus nehmen… »Dare to Dream« – in unserer Artikelreihe stellen wir Kulthotels vor, in die man sich hervorragend hineinträumen kann oder die gar als konkrete Inspiration für Post-Covid-Reisepläne dienen.
Ein ungleiches Paar
Es gibt wahrlich unzählige Palazzi in Venedig. Deswegen verwundert es nicht, dass das Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich das Hotel Bauer von den anderen Luxushotels der Lagunenstadt abgrenzt, nicht sein pittoreskes, aus dem 18. Jahrhundert stammendes Gebäude direkt am Canale Grande ist, sondern vielmehr der dahinterliegende, graue Vierzigerjahre-Kubus.
In jeder anderen Stadt würde man diesem brutalistisch anmutenden Bau wohl recht wenig Aufmerksamkeit schenken, doch in Venedig, dieser Stadt, die in ihrer perfekten Schönheit schon fast einem Freiluftmuseum gleicht, ist man fast ein bisschen dankbar für den architektonischen, unerwartet harten Bruch, den dieses Gebäude wagt.
Mit dem Neubau des Hotel Bauer wurde erst gar nicht versucht, sich ins dekorative Gesamtbild des Campo San Moisè mit seiner prunkvollen gleichnamigen Kirche aus dem 17. Jahrhundert einzufügen. Man möchte sich besser nicht vorstellen, welch ein Skandal die gewählte Architektur zur Zeit der Erbauung gewesen sein muss. Doch diese Zeiten sind vergessen, längst ist das Bauer geliebter Kult – unter den Einheimischen genauso wie bei den zahlreichen Besuchern und Besucherinnen Venedigs.
Hotelgäste haben natürlich die Wahl, ob sie lieber im alten oder im neuen Teil des Ensembles logieren möchten. Dabei haben die Zimmer beider Gebäude nicht nur die opulente Ausstattung mit üppig gepolsterten Betten und dramatischen Seidentapeten an den Wänden gemein. Was vielmehr das gesamte Hotel so besonders macht, ist, wie gekonnt die Lagunenstadt Venedig mit ihren Kanälen und ihren Fassaden als Dekorationselement in die Architektur integriert wird. Egal ob durch die bodentiefen Fenster des Neubaus oder die teilweise knapp fünf Meter hohen Altbaufenster, ein traumhafter Ausblick ist einem an scheinbar jeder Ecke des Bauer geboten.
Trotzdem ist die in höchstem Maße eklektische Innenausstattung mehr als nur Nebendarsteller. Fast ironisch werden die unterschiedlichsten Stile miteinander kombiniert. Verschiedene Möbelstücke findet man oftmals genau dort, wo man sie gerade nicht erwartet. Barockbetten im Neubau, Sixtiesluster im alten Palazzo und Art Deco Sessel gleichermaßen im Renaissancesäulengang wie im Mid-Century Konferenzsaal.
Materialtechnisch setzte man im Altbau wie auch im Neubau auf Hochpoliertes. Allgegenwärtig sind Glasskulpturen und Murano-Leuchter, glänzende Edelholzverkleidungen und reflektierende Spiegel. Die Verwendung von zurückhaltenden Farbtönen verhindert dabei allerdings, dass die Räumlichkeiten zu penetrant oder gar protzig wirken.
Besonders während der Biennale, wenn sich KünstlerInnen, SammlerInnen und KuratorInnen hier gegenseitig die Klinke in die Hand geben, wird klar, das Bauer ist optisch und gesellschaftlich ein höchst charmantes Haus, das nicht zwanghaft gefallen möchte und genau deswegen so vielen gefällt. [AD]
Verantwortlich für das Design: Chefsache! Bis zum Verkauf 2019 oblag der Vorbesitzerin Francesca Bortolotto Possati die innenarchitektonische Gestaltung.
Lieblingsmöbel: Die unzähligen kostbaren Murano-Kronleuchter des Hotels.
Absolut dekadent: Der Jacuzzi auf dem Dach mit Blick auf den Markusdom kann privatisiert werden. Im Package enthalten sind eine Flasche Prosecco und eine Fruchtplatte.
Überhaupt nicht dekadent: Die Zimmerpreise – das Standardzimmer gibt es bereits ab 179.- Euro.
Covid-19 Status: Hotel vorübergehend geschlossen, voraussichtliche Wiedereröffnung ab Mai 2021.