Wurst à la Wurm

Erwin Wurm präsentiert neue Arbeiten bei Thaddaeus Ropac

Photo Credits: Ulrich Ghezzi

Neben seinen »One Minute Sculptures« sind es vor allem Erwin Wurms »Fat«-Skulpturen, mit denen man den österreichischen Künstler zuerst assoziiert. Einen aufgequollenen, knallroten Porsche vergisst man einfach nicht so schnell. Absurdität vermischt mit Humor sind seit jeher die Mittel, mit denen Wurm so gekonnt Betrachter und Betrachterinnen zu einer neuen Sichtweise animiert, allerdings ohne dabei jemals ins Belehrende zu verfallen.

Seit vergangenem Wochenende zeigt Thaddaeus Ropac in seiner Salzburger Galerie die Serie »Idole«. Mit den Marmorskulpturen bleibt Wurm sich in seiner Formensprache treu. Doch durch das gewählte Material sind die Werke in ihrem edlen Purismus deutlich dezenter, als man es von Wurms Schaffen bisher kannte. Grelle Farben und comichafte Verzerrung wird man bei Wurms »Idolen« nicht finden. Aus dem Kontext entrissen würde einem vielmehr erst auf den zweiten Blick auffallen, dass das dekorative Kunstwerk aus grünem, hochpoliertem Marmor nicht einfach nur eine hübsch anzusehende abstrakt-organische Figur, sondern eine überdimensionierte Gurke ist. Ähnlich verhält es sich mit verschiedenen Backwaren. Ein bisschen plakativer sind da schon die weißen Würste, deren Zipfel einem direkt ins Auge stechen.

 

 

Auch ohne belehren zu wollen, Wurms Werken wohnt immer auch ein hinterfragender Gedanke inne. Es ist sicherlich kein Zufall, dass der Österreicher die drei lukullischen Sinnbilder für Spießbürgertum, Gurke, Semmel und insbesondere die Wurst als Motiv wählt. Letztere war für Wurm, wie wohl für die meisten seiner Landsleute während seiner Kindheit ein tägliches Nahrungsmittel und ist für ihn gedanklich bis heute mit den sozialen Normen seiner Heimat verbunden. Dazu kommt wie bereits bei den »Fat«-Skulpturen die Frage, inwieweit in der westlichen Welt übermäßiger Konsum durchaus auch in der Form von Völlerei zur Kompensation einer viel tiefer liegenden Verunsicherung dient.
Ironischerweise tragen die Kunstwerke als Namen die Begriffe verschiedener Tugenden »Hope« – die Kaisersemmel, »Honor« – die prallgefüllte Weißwurst. Bei Wurm darf eben auch eine triviale Form mit einem Hauch von Pathos versehen werden. [AD]

 

»Dignity« bis 12. Juni 2021, Galerie Thaddaeus Ropac, Vilniusstrasse 13, 5020 Salzburg www.ropac.net
All Images Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg © Erwin Wurm / Bildrecht, Wien 2021