Die menschliche Faszination für Zeit und vor allem das Einfangen dieser ist zumindest so alt wie der erste geglückte Versuch mittels Fotografie Bewegung festzuhalten. Indem der englische Fotograf Eadweard Muybridge im Jahr 1878 nachwies, dass ein Pferd im Galopp kurzzeitig mit allen vier Hufen vom Boden abhebt, leistete er Pionierarbeit in der sogenannten Chronofotografie. Auch wenn die technischen Entwicklungen auf diesem Gebiet heute weniger eindrucksvoll, weil gängig, erscheinen, übt das Einfangen von schnellsten Bewegungen und gefühlt kaum existenten Momenten noch immer großen Reiz auf Kunstschaffende aus, so auch auf den mexikanischen Künstler Gonzalo Lebrija.
Jenen beschriebenen flüchtigen Augenblick versucht auch der mexikanische Künstler Gonzalo Lebrija mit seiner Installation »History of Suspended Time: Monument for the Impossible« festzuhalten. Mit dieser Arbeit bezieht er sich auf seine Performance aus dem Jahr 2008, in der er einen mühevoll selbst restaurierten Old Timer mit Hilfe eines Krans kerzengerade, Motorhaube voran, in einen See fallen ließ. Den Vorgang filmte er mit einer High-speed Kamera, die es ihm später erlaubte die schnelle zeitliche Abfolge in Sequenzen zu zerlegen. Das spektakulärste Standbild der Aufnahme übersetzte er daraufhin in Zeit und Raum in Form einer monumentalen Skulptur. Diese zeigt das sonst kaum fassbare Ereignis in dem das Auto mit der Spitze seiner Front die Wasseroberfläche berührt, den Moment, bevor das Objekt sein eigenes Spiegelbild mit voller Wucht durchbricht und vom Wasser verschluckt wird.
Für die skulpturale Umsetzung dieses kompliziert gewonnenen Standbildes, verwendete der Künstler einen Chevrolet Malibu, Baujahr 1968, den er über einer mit Wasser gefüllten Bodenvertiefung platzierte. Eine in scheinbar perfekter Balance und Haltung verharrende Schwebefigur, die trotz ihrer Dimensionen die Illusion eines bewegten Vorgangs erweckt.
Dieser in Szene gesetzte Moment, dessen Flüchtigkeit ihn ansonsten stets vor uns verbirgt, macht nicht nur Zeit betrachtbar, sondern schafft auch den Raum und Rahmen für das bewusste Wahrnehmen eines alltäglichen Gegenstandes. Durch seine bewusste Wahl eines beliebten amerikanischen Automobils inspiriert Lebrijas Kunstwerk seine BetrachterInnen aber auch dazu, selbst innezuhalten und sich mit der Komplexität dieses viel beachteten und doch oft übersehenen, weil omnipräsenten, Objekts des modernen Lebens und Fortschritts auseinander zu setzen.
Lebrija fertigte seine monumentale Installation ursprünglich für den Parkplatz des Museum of Contemporary Art Denver an und war Teil der The Biennial of the Americas 2010. Heute kann das Kunstwerk gegenüber des Hauptgebäudes des Palm Springs Art Museum in Palm Springs, Kalifornien, besichtigt werden. [DM]