New Yorks Madison Avenue ist auf dem Abschnitt zwischen 59ter und 86ter Straße der Inbegriff des gediegenen, amerikanischen Ostküstenluxus. Jedes Label, das etwas auf sich hält, hat hier einen Flagshipstore und nur einen Steinwurf voneinander entfernt befinden sich die drei luxuriösesten Traditionshotels der Stadt: The Mark, The Surrey und The Carlyle. Insbesondere Letzteres ist Kult, was nicht zuletzt an seiner Bar, dem Bemelmans liegt.
Die Bemelmans Bar ist nach dem Illustrator und Kinderbuchautor Ludwig Bemelmans benannt, dessen Zeichnungen sämtliche Wände sowie weite Teile des Interieurs verzieren. Im Austausch für zwei Jahre kostenlose Logie in einem Zimmer des Grandhotels schuf Bemelmans in den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts hier ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk. Spielerisch holt er mit kindlichen Figurinen aus der Tierwelt das vornehm-städtische Leben des Centralparks in die Räumlichkeiten der Bar.
Ein Langohrkaninchen wird zum Gentleman mit Fliege und Frack, das sich angelehnt an eine Eiche in der Sonne entspannt. Hundedamen in pastellfarbenen Kostümen schlendern gemeinsam über den Rasen und Kängurus picknicken unter ausladenden Sonnenschirmen.
Dazwischen bekommen auch menschliche Karikaturen in Form von Luftballonverkäufern und Fahrradfahrern ihren Raum, bei Bemelmans Zeichnungen können sie als Spezies der Tierwelt in Sachen Eleganz allerdings nicht das Wasser reichen. Die gedeckten Farben, vorherrschend ist ein rauchiger Elfenbeinton, vermeiden jegliche kitschige Anmut oder Disney-Atmosphäre. Bemelmans, das ist ein bisschen Nostalgie und jede Menge Gemütlichkeit. Die niedrigen Decken und vielen Nischen der Räumlichkeiten sorgen zusätzlich für genau dieses Ambiente.
Zweiter Hauptakteur der Bar ist neben den Illustrationen der Pianist und Komponist Earl Rose. Die Bar mit dem mittig platzierten Steinway Flügel ist jede Woche von Sonntag bis Dienstag seine Bühne. Rose ist Emmy Award Gewinner, wenn er nicht für TouristInnen und NachbarInnen im Bemelmans spielt, komponiert er für Film und Fernsehen. Sein Ruhm hindert ihn allerdings nicht daran, charmant auf die Wünsche der Bargäste einzugehen, auch wenn Sinatras »New York, New York« vermutlich keine künstlerische Herausforderung für ihn darstellt.
Auch die Drinks sind im Bemelmans solide und eher traditionell, Dirty Martinis statt Pina Coladas, im Grandhotel wird eben auch die Barkarte elegant gestaltet. 60 Jahre nach dem Tod von Ludwig Bemelmans ist das The Carlyle noch immer ein Haus, das traditionell mit Illustratorinnen und Illustratoren zusammenarbeitet, um seine Vision von Gastlichkeit zu kommunizieren. So zeichnete unter anderem die Münchnerin Kera Till für das Hotel einen Kalender und das Plakat zum Film »Always at the Carlyle«. Die Welt ist auch in diesen Darstellungen eine freundliche, opulente, voller Genuss. Wie das Leben eben so ist, wenn man durch die golden glänzende Drehtüre ins The Carlyle und seine Bar Bemelmans eintritt. [AD]
The Carlyle, 35 East 76th Street, New York, NY 10021