Mit seinem Haus in den Hollywood Hills verband David Lynch über Jahrzehnte Wohnen und Arbeiten. Das Gelände aus Häusern, Studios und Werkstätten spiegelt seine künstlerische Praxis und zugleich die Geschichte der kalifornischen Moderne wider. Entworfen von Lloyd Wright, ergänzt durch Eric Lloyd Wright, bildet es ein geschlossenes Beispiel architektonischer Kontinuität in Los Angeles. Nach Lynchs Tod im Januar 2025 wird das Areal nun als Ganzes verkauft.
Als Zentrum des Lynch-Compound, bestehend aus mehreren separaten Gebäuden, fungiert das Beverly-Johnson-House von 1963, geplant von Lloyd Wright, dem Sohn Frank Lloyd Wrights. Mit klarer Linienführung, auskragenden Flächen und einem Wechsel von Transparenz und Rückzug verankert es das Gelände architektonisch. Für Lynch war es Lebensmittelpunkt und Arbeitsort. Hier entstanden Skizzen, Gemälde, Soundarbeiten, und hier wurden Filme geschnitten. Dass das Haus über Jahrzehnte funktional blieb, liegt an einer einfachen, belastbaren Bauweise, die weder auf Wirkung noch auf kurzfristige Trends setzte.
Ergänzt wurde das Haus durch Pool und Poolhouse, entworfen von Eric Lloyd Wright. Damit setzte sich die Familienlinie architektonisch fort: Lloyd Wright mit der Strenge des Wohnhauses, Eric Lloyd Wright mit der landschaftsbezogenen Erweiterung. Der Poolbereich ist dabei mehr als Ausstattung: Er bindet den Außenraum als Aufenthaltsort ein und zeigt, wie Architektur spannend in die karge Topografie eingebettet werden kann.
Ein weiteres Gebäude auf dem Gelände, häufig als brutalistisch beschrieben, bildet den Kontrast. Seine rohe Präsenz, scharf eingeschnittene Öffnungen und ein kantiger Rhythmus machen es zum Gegenstück der organischen Wright-Bauten. In »Lost Highway« wurde es selbst zur filmischen Figur, ein Haus, das Spannung erzeugt, ohne Handlung zu benötigen. Für »Mulholland Drive« diente das Compound zudem als Produktionsumgebung, mit Schnitt- und Vorführräumen, in denen der Film finalisiert wurde. Architektur war für Lynch nie nur Hintergrund, sondern Instrument zur Steuerung von Wahrnehmung.
Auch die Materialwahl unterstreicht dies – mineralische Putze, Holz mit sichtbarer Maserung und Beton mit ablesbaren Schalungsfugen prägen die Oberflächen. Metallarbeiten, teils von Lynch selbst gefertigt, markieren Möbel und Leuchten. Die Räume wirken dabei robust und zugleich flexibel genug, um unterschiedliche Arbeitsformen aufzunehmen, von Malerei bis Filmschnitt, von Musik bis Fotografie.
Die Hanglage bestimmt die Anordnung der Gebäude. Terrassierte Baukörper folgen der Topografie, Blickachsen werden gelenkt wie Kamerafahrten, Wege eröffnen und schließen sich. Die Abfolge von hell und dunkel, eng und weit, unten und oben strukturiert nicht nur den Tagesablauf, sondern verleiht dem Areal eine eigene Dramaturgie. Landschaft und Architektur sind dabei untrennbar verschränkt, der Ort lebt von dieser Spannung.
Zugleich ist das Anwesen durchgehend von einer persönlichen Handschrift geprägt. Haus und Studio fielen für Lynch zusammen. Viele Elemente tragen Spuren seiner Eingriffe: improvisierte Werkstattlösungen, provisorisch wirkende Konstruktionen, zugleich präzise gesetzte Farben und Oberflächen. In dieser Mischung erklärt sich, warum das Ensemble »lynchian« wirkt, ohne stilisiert zu sein. Es ist ein Ort, der Aufmerksamkeit schärft und produktiv macht.
Dass das Compound nun – von Makler Marc Silver von The Agency – als geschlossenes Ganzes zum Verkauf angeboten wird, verweist auf seinen besonderen Status. Es wird nicht als leere Immobilie gehandelt, sondern als gewachsene Landschaft zum Leben und Arbeiten. Wer übernimmt, erhält nicht nur Grundstück und Gebäude, sondern ein funktionales Gefüge, das künstlerisches Arbeiten über Jahrzehnte ermöglicht hat.
Das Anwesen zeigt, wie Architektur als Arbeitsumgebung verstanden werden kann – nicht als bloßes Objekt, sondern als künstlerisch durchdachter Rahmen für Leben und Produktion. Und es ist ein Dokument dafür, wie eng Architektur, Film und Kunst in Lynchs Leben verbunden waren. Das rund 3.600 Quadratmeter große David Lynch Compound in den Hollywood Hills, mit Wohn- und Arbeitsräumen, Studios und Werkstätten, wird aktuell von The Agency zu einem »Listing Price« von rund 15 Millionen Dollar angeboten. Der immaterielle Wert eines Ortes, an dem über Jahrzehnte ein so prägendes Werk entstand, lässt sich aber natürlich nicht beziffern. Benannt werden musste er dennoch, und so steht nun eine Summe, die den Marktwert markiert, nicht aber die kulturelle Bedeutung des ikonischen Lynch-Compounds. [Red.]