Noa* steht für Network of Architecture und wurde 2010 von den Architekten Lukas Rungger und Stefan Rier gegründet. Mit Sitz in Bozen und Berlin realisierte das Netzwerk bereits verschiedenste Projekte, welche von Wohnarealen, über kommerzielle Räume, bis hin zu experimentellen Zukunftsvisionen zu nachhaltiger Raumplanung reichen. Einen Großteil des Portfolios bilden jedoch herausragende Hotels. Eines davon ist das AEON in Oberbozen.
Vertikal und linear
Als noa* den 550 Jahre alten Lobishof am Rittner Hochplateau 2021 einer Neugestaltung unterzog, sollte die Anordnung der modernen Baukörper den Aufbau des historischen Hofes, bestehend aus Gasthof, Bauernhaus und denkmalgeschütztem Stadel, widerspiegeln. So bilden heute die beiden freistehenden Bauten eine Hotelanlage auf der grünen Wiesenlandschaft, wobei Architektur und Natur einander ergänzen. Während sich im einen Gebäude der öffentliche Bereich mit Rezeption, Bar und Wellnessräumen befindet, beherbergt das Gästehaus 15 Suiten unterschiedlicher Raumgrößen. Beide Konstruktionen sind durch einen Gang, der unter einem angelegten Hügel verschwindet, miteinander verbunden, wodurch eine raffinierte und von außen unsichtbare Durchgangslösung geschaffen wird.
Was das AEON weiters auszeichnet, ist die konsequente und dennoch mühelos erscheinende Kombination von traditionellen und modernen Gestaltungselementen. Ganz natürlich fügt sich das historisch angelehnte Satteldach auf die dynamische Fassade des Gästehauses, in welcher sich die Streben des alten Stadels wiedererkennen lassen, durch die verwinkelte Anordnung ergeben sich organische Formen. Was diese wabenartige Struktur optisch zusätzlich verstärkt, sind die verglasten Fronten der Suiten. Vertikale, durchlässige Holzverstrebungen an den Seiten beider Fassaden unterstreichen einerseits die Leichtigkeit der Bauten, andererseits stellen sie eine Verbindung zur unmittelbaren Landschaft her, da das Material aus dem nahegelegenen Wald gewonnen wurde. Architekt Christian Rottensteiner begründet den gestalterischen Ansatz wie folgt: »Die Vertikale und die Linearität sind die Leitfäden zweier sich stark kontrastierenden Gestaltungsansätze – teilweise entsteht das Gefühl, zwischen den Welten zu schweben.«
Beige-blaues Wunder
Betritt man das Hauptgebäude durch das stählerne Eingangsportal, eröffnet sich einem eine unerwartete Farbkomposition – die untere Zone wurde in hellbeige gehalten während der obere Teil in ein dunkles Blau getaucht ist. Diese horizontale Zweiteilung zieht sich durch Wände, Möbel, Lampen und Vorhänge, und schafft eine kontrastreiche Komposition. Auch hier wird das Zusammenspiel von Vergangenheit und Zukunft fortgesetzt, wie Interiordesigner Patrick Gürtler näher erläutert: »Die Vergangenheit ist gewachsen wie der Stein, das Holz, die Natur. Die Zukunft ist hingegen schleierhaft, geheimnisvoll und artifiziell, also nicht greifbar wie der Himmel, die Nacht oder der Ozean. Dazwischen liegt der Moment, eine bedingungslose scharfe Teilung, aber auch eine Berührung.«
Im danebengelegenen Bau finden sich beide Farbtöne wieder, diesmal werden die Zimmer allerdings entlang einer vertikalen Linie gesplittet. Wiederum werden sämtliche Möbel und Einrichtungsgegenstände dieser Teilung unterzogen, sodass Gäste vollkommen in die jeweilige Farbwelt eintauchen können, oder die Gratwanderung zwischen Blau und Beige wagen können. Das AEON lädt somit zum Ergründen und Wohlfühlen ein, was nicht nur durch die außergewöhnliche Außen- und Innengestaltung unterstrichen wird, sondern auch durch diverse Entspannungsbereiche – Outdoorpool, finnische Sauna oder Dampfbad – ermöglicht wird. Kulinarisch lockt das Hotel mit einem Bistro und einem Food Corner, der Traditionelles und Handgemachtes aus der Südtiroler Umgebung serviert. [LM]