Von der Skizze zur Ikone

Die Linienführung des Porsche 911

All Images: © Porsche

Einzelne Details im Design eines Fahrzeugs können wichtige Bausteine der Markenidentität sein. Im besten Fall heben sie das Auto sogar in den Status einer Ikone. Diese Artikelreihe beschäftigt sich mit solchen Details, beleuchtet sie und erzählt ihre Geschichte. Diesmal geht es um die prägnante Linienführung des Porsche 911.

»Um einen Porsche 911 zu zeichnen, braucht man eigentlich nur zwei Striche«, sagte der ehemalige Porsche-Designer Tony Hatter vor einigen Jahren in einem Interview. Im Herbst 2020 beendete er nach insgesamt 34 Jahren seine Karriere bei Style Porsche. Ersetzt man das Wort »Striche« durch »Linien«, wird schnell klar, worauf der Designer anspielt. Die klassische Linienführung des 911 steigt kurz an und fällt dann lang und sanft wieder ab. Diese ebenso charakteristischen wie klaren Linien sorgen dafür, dass der Porsche 911 bis heute auf den ersten Blick als solcher erkennbar ist. Diese Ansicht vertritt auch Peter Varga, Director Exterieur Design bei Porsche: »Der 911 lebt von seiner einmaligen Formensprache. Allein die Silhouette spricht für sich: Anhand seiner genial gezeichneten Silhouettenlinie erkennt jeder auf Anhieb den 911.« Aufgeräumtheit, wie der Porsche Chef-Exterieur-Designer die puristische Erscheinung der gesamten 911-Baureihe nennt, Leichtigkeit sowie Alltagstauglichkeit stehen auf der Prioritätenliste ganz oben.

 

 

Die Silhouette des Neunelfer, wie wir sie heute noch mit kleinen Abweichungen kennen, war ein Werk von Ferdinand Alexander Porsche. Er kam 1958 zu Porsche, nachdem er sein Studium an der Hochschule für Gestaltung in Ulm abgebrochen hatte. Der 911, der damals noch unter dem Namen 901 lief, entstand aus seinen Skizzen. Im September 1963 wurde er auf der IAA in Frankfurt präsentiert. Die Designidee, das Auto mit dem heute als ikonisch geltenden abfallenden Heck auszustatten, reicht jedoch noch viel weiter zurück – nämlich zum VW Käfer, aus dem Ferdinand Porsche den 356 entwickelte – jenen Sportwagen, mit dem im österreichischen Gmünd die Markengeschichte des Automobilherstellers begonnen hatte. Aus dieser Tradition ergab sich auch die bis heute anhaltende Bekenntnis zum Heckantrieb, der wiederum auf die typisch »freundliche« Mimik des Neunelfers Einfluss nahm. Den oft so aggressiv anmutenden Kühlergrill, wie er bei Sportwägen sehr oft vorkommt, hat der Porsche 911 nämlich nicht. Die runden Scheinwerfer tragen ebenfalls dazu bei, dass der Front des Autos gerne ein freundlicher Ausdruck zugeschrieben wird.

 

Seine unverwechselbare Form verdankt der Neunelfer Ferdinand Alexander Porsche.

 

Seither ist der Porsche 911 von einer Generation zur nächsten sehr behutsam verändert worden. Immer mit dem Augenmerk darauf, nicht zu stark in die charakteristische Silhouette einzugreifen. Insgesamt wurden die Autos stets ein wenig länger und auch ein bisschen breiter. »Aus meiner Sicht hat der 911 über die Jahre immer bessere Proportionen erhalten«, erklärt Peter Varga anlässlich der Präsentation der achten Generation. »Diese Entwicklung haben wir fortgesetzt, indem wir die neue Generation vorne und hinten verbreitert haben. Dadurch wollen wir den 911 noch knackiger, sportlicher und kerniger machen. Dass der Vorderwagen nun breiter geworden ist, tut dem 911 allgemein sehr gut.« Als Designer ist für ihn, wie er erklärt, das Heck aufgrund der Aerodynamik der spannendste Bereich: »Der 911 braucht sehr viel Abtrieb auf der Hinterachse; gleichzeitig war es das Ziel, den Cw-Wert weiter zu verbessern. Diese Anforderungen, – kombiniert mit der abfallenden Dachlinie – waren eine sehr große Herausforderung, mit der wir uns intensiv beschäftigt haben.« [SW]