Spielwiese der Moderne

Chapter »Bookshelf«: Cape Cod Modern

Photo Credit: Raimund Koch

Cape Cod, eine Halbinsel in Massachusetts, zog mit seiner idyllischen Landschaft und abgeschotteten Lage in den 1930er und 1940er Jahren zahlreiche emigrierte ArchitektInnen an, darunter Walter Gropius, Marcel Breuer und Serge Chermayeff. Daraus entwickelte sich eine Bewegung, die von moderner Experimentierfreude und interkulturellem Austausch geprägt war. Cape Cod Modern befasst sich nun als erstes Buch detailliert mit der architektonischen und kulturellen Entwicklung, vom historischen Hintergrund der Bucht bis hin zu den bewegten 1970er Jahren.

 

Photo Credit: Loomis Dean

Die künstlerische Strömung auf Cape Cod begann mit den sogenannten »Brahmin Bohemians«, einer Gruppierung an Kreativen, welche dort ihrer nonkonformistischen Lebensweise auch architektonisch Ausdruck verlieh. In diesem Zusammenhang entstand unter anderem das außergewöhnliche Studio von Jack Phillips, welches er 1938 erbaute. Das trapezförmige Gebäude mit Zedernholzverkleidung war an der Front mit übergroßen Fensterflächen ausgestattet und offenbarte den Blick auf das Wasser. Durch die leicht konkave Neigung des Daches fügte es sich nahtlos in die umliegenden Dünen ein.  

Wenige Jahre darauf traf der Autodidakt Phillips auf die Bauhaus Künstler Walter Gropius und Marcel Breuer, was die Geburtsstunde einer interkulturellen Gemeinschaft und der Verbreitung moderner Bauten markierte. So gestaltete etwa Serge Chermayeff ein Studio, das durch seine Farbgebung zum Blickfang der Halbinsel wurde. Die Fassade des rechteckigen Baus dominierten rechteckige Fenster und Paneele, welche in Primärfarben gestrichen und durch X-förmige Streben gebrochen wurden. Chermayeff erschuf damit ein modulares System, welches sich, ganz im Sinne der Bauhausphilosophie, individuell erweitern und umgestalten ließ. 

 

Photo Credit: Courtesy Sara Barrett, Wilkinson Family

Ati Gropius Johansen, Adoptivtochter von Walter Gropius, erinnert sich an die Zeit auf Cape Cod: »Es war eine Gemeinschaft gleichgesinnter AvantgardistInnen, eine authentische Lebensform und eine Spielwiese für kreative Köpfe.« Etwa 100 Häuser der künstlerischen Gruppierung befanden sich in den 1970er Jahren auf Cape Cod, welche diese entfesselte Kreativität auf unterschiedliche Weise widerspiegelten. Von aufwendigen Konstruktionen bis hin zu minimalistischen Betonbauten bietet die Bucht somit eine wahre Spurensuche spätmoderner Architekturformen. 

Nach siebenjähriger Recherche präsentieren Christine Cipriani und Peter McMahon mit Cape Cod Modern eine detailreiche Studie dieser kulturellen Entwicklung. Ausgestattet mit über 200 Archivbildern, Fotografien von Raimund Koch und Zeichnungen von Thomas Dalmas zeigt das Buch einen umfassenden Einblick in die architektonischen Besonderheiten von Cape Cod und lässt sowohl in die künstlerischen Strömungen dieser Zeit als auch in die Lebenswelten der bedeutendsten ArchitektInnen eintauchen. [LM]

 

Photo Credit: Raimund Koch
Photo Credit: Raimund Koch

 

 

 

 

 

 

 

Cape Cod Modern. Mid-Century Architecture and Community on the Outer Cape von Christine Cipriani und Peter McMahon, Hardcover, 220 x 260 mm, 272 Seiten. Erschienen im Metropolis Verlag.