Profound Simplicity

Chapter »Bookshelf«: WA: The Essence of Japanese Design

Photo Credit: Tendo Co. Ltd

Es ist die innere Einstellung zu Kunst, zum Handwerk und zum Leben im Allgemeinen, die die Basis der japanischen Kultur und Designauffassung bildet und sich in vielerlei Hinsicht zur westlichen Welt unterscheidet. Das Buch WA: The Essence of Japanese Design erforscht und erfasst diese Philosophie sowie die Hintergründe und die Materialität von Japans ausgeprägter Designkultur und erlaubt seinen LeserInnen, so neue Aspekte der japanischen Ästhetik zu verstehen. 

Vor allem sind es die besondere Betonung der Schönheit, die in der Einfachheit der Dinge liegt, und die große Bedeutung, die der Wahl hochwertiger Materialien beigemessen wird, welche sich als prägende Merkmale der japanischen Ästhetik herauskristallisiert haben. Während sich das Konzept der »Einfachheit« und »Reduktion« im westlichen Designkontext erst im Anklang der europäischen Moderne zu verbreiten begann, zeichnete sich in Japan bereits 300 Jahre zuvor eine starke Tendenz dazu ab. Doch neben der zeitlichen Differenz gibt es auch im Kern der Sache einen entscheidenden Unterschied. 

»Auf den ersten Blick sieht japanisches Design einfach aus, aber seine Einfachheit unterscheidet sich von der, die die westliche Modernität entdeckt hat, die auf Rationalität basiert. Ich nenne die Einfachheit des japanischen Designs »Leerheit«. Statt eine präzise, eindeutige Botschaft zu verbreiten, kann die extreme Schlichtheit – Leerheit – zu einer Vielzahl von Interpretationen einladen, genau wie ein leeres Gefäß«, erklärt Kenya Hara, Kreativdirektor von MUJI, in seinem einleitenden Essay.

 

Photo Credit: Iwamiya Takeji

Tsuge-gushi (Buchsbaumkämme) werden aus japanischem Buchsbaum hergestellt und finden in Japan bereits seit Jahrhunderten Anwendung.

 

Anhand von rund 250 Objekten, welche vor allem aufgrund ihres starken japanischen Charakters und dessen Einfluss auf die westliche Kultur ausgewählt wurden, erkundet WA: The Essence of Japanese Design die japanische Designgeschichte und stellt die Gegenstände, die aus ihr entstammen, in einen kulturellen Kontext. Artikel des Alltags wie Bento-Boxen aus der Edo-Zeit und hölzerne Haarkämme treffen auf Designklassiker wie Shiro Kuramatas postmoderne »Acrylstühle« oder Sori Yanagis berühmte »Schmetterlingshocker« und laden die Leser und Leserinnen zu einer visuellen Zeitreise durch Japan ein. Bemerkenswert ist auch die thematische Gliederung des Buches, welche die Objekte, anstatt sie chronologisch zu reihen, in Materialgruppen zusammenfasst und so die Bedeutung der Materialität in der japanischen Designwelt zusätzlich unterstreicht.

Die einzigartige Verarbeitung des knapp 300 Seiten umfangreichen Buches macht den Band zu einem Designobjekt in sich. Die japanische Bindung, das hochwertige Papier und das Cover, welches an traditionelle Lackbemalungen erinnert, vervollständigt die Erfahrung des Buches so auch auf haptischer Ebene. Erschienen im Phaidon Verlag. [MS]

 

Photo Credit: TNM Image Archives

Die japanischen Kopfstützen (Makura) aus der Edo-Zeit sind mit Tapiren, Nandina-Blüten und Wappen verziert, welche mit der traditionellen Maki-E Lacktechnik aufgetragen wurden. Bei dieser Methode wird ein Bild mit Lack auf die Oberfläche von Objekten gemalt und vor dem Trocknen mit Gold- oder Silberpulver bestreut. So werden die Muster anschließend zum Vorschein gebracht.

 

Photo Credit: PHAIDON

 

 

 

 

 

 

 

 

WA: The Essence of Japanese Design von PHAIDON von Rossella Menegazzo, Stefania Piotti, Kenya Hara, Hardcover, 27 x 20,5 cm, 288 Seiten