Konzeptfahrzeuge und Showcars ermöglichen es Automobildesignern und -designerinnen über bestehende Konventionen hinauszudenken, kreative Impulse zu setzen und neue, zuweilen auch experimentelle, Perspektiven zu eröffnen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Verbindungslinie zur Historie der jeweiligen Marke durchtrennt wird – im Gegenteil. Chapter blickt auf die spannendsten Entwürfe des Jahres 2025.
Mercedes-Benz Vision Iconic
Opulent und zeitlos präsentiert sich das im Oktober 2025 präsentierte Showcar, das eines der markantesten Merkmale der Automobilgeschichte neu interpretiert: den ikonischen Mercedes-Benz Chromgrill. Die Weiterentwicklung des traditionsreichen Markengesichts verleiht dem ohnehin alles andere als zurückhaltenden Fahrzeug zusätzliche Präsenz. »Inspiriert von der goldenen Epoche des Automobildesigns der 1930er Jahre, verkörpert dieses Showcar die pure Essenz von Mercedes‑Benz. Mit seiner scheinbar endlosen Motorhaube, die ihm eine majestätische Präsenz verleiht, skulptural fließenden Linien und einem Hauch von Art Deco erhebt es sich zu einer wahren Ikone automobiler Schönheit«, so Gorden Wagener, der im Dezember 2025 seinen überraschenden Abschied als Chief Design Director bei Mercedes-Benz bekannt gab.
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Im Innenraum zeigt der Vision Iconic einen Ausblick auf zukünftige, luxuriöse Fahrerlebnisse: Die Transformation vom klassischen Fahrerplatz hin zu einem Ort des bewussten Reisens und automatisierten Fahrens bildet die Grundlage für ein neues Innenraumkonzept mit Lounge-Atmosphäre. Eine durchgehende Sitzbank aus tiefblauem Samt ersetzt die Einzelsitze; der Raum wirkt offen, ruhig und – man könnte sagen – fast schon »theatralisch« inszeniert. Zentrum des Interieurs ist dabei der sogenannte »Zeppelin« – eine schwebende Glaskonstruktion, die Instrumente, Anzeigen und handgefertigte Details in sich vereint.
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BMW Concept Speedtop
Es sind mehrere Einflüsse aus der Historie des bayerischen Automobilherstellers, die bei diesem – in streng limitierter Kleinserie hergestellten – Konzeptfahrzeug zusammenkommen: Die markante Pfeilform der Sharknose weckt Erinnerungen an den BMW Z8, der als Ikone im Roadster-Segment gilt. Die fließende Silhouette zitiert wiederum die traditionsreiche Touring-Historie von BMW. Die lange Motorhaube mit zwei eingefassten Luftauslässen ziert ein zentraler Mittelsteg, der sich von der Motorhaube über das Dach zum hinteren Spoiler erstreckt und Reminiszenzen an den BMW 503 weckt.

All diese Zitate aus der reichhaltigen Geschichte der Marke verbinden sich im Fall des BMW Concept Speedtop zu einem eleganten Shooting Brake, der im Mai auf dem Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2025 präsentiert wurde. Er folgt zudem der markanten Formensprache des BMW Skytop. »Ein echter BMW strahlt bereits im Stand Dynamik und Eleganz aus«, betont Adrian van Hooydonk, Leiter BMW Group Design. Darüber hinaus wurde bei diesem Konzeptfahrzeug darauf geachtet, eine konsequente Verbindung zwischen Interieur und Exterieur herzustellen – durch das zweifarbige Farb- und Materialkonzept wie auch durch den markanten Dachsteg, der sich als Lichtfuge im zweifarbigen, belederten Dachhimmel widerspiegelt.

Audi Concept C
Mit dem Concept C läutet Audi eine neue Designphilosophie ein, bei der radikale Einfachheit und Klarheit im Zentrum stehen. Der vollelektrische Sportwagen mit zwei Sitzen ist das erste Zeichen der neuen Ausrichtung, für die Massimo Frascella, seit Juni 2024 Chief Creative Officer beim Ingolstädter Hersteller, maßgeblich verantwortlich zeichnet. Im Zentrum der neu gestalteten Front befindet sich der vertical frame, der mit seiner klaren, aufrechten Form vom Auto Union Typ C und der dritten Generation des Audi A6 inspiriert ist.

Das neue Markengesicht verleiht dem Konzeptfahrzeug Präsenz und Identität. Außerdem führt Audi mit dem Concept C eine neue Lichtsignatur ein, die aus vier horizontal angeordneten Elementen in jedem Frontscheinwerfer und jeder Heckleuchte besteht. Die Dachlinie unterstreicht die monolithische Form des Fahrzeugs, ohne den offenen Charakter des Konzepts zu verlieren. Beim Audi Concept C handelt es sich zudem um ein Konzeptfahrzeug mit Straßenzulassung, wodurch ein noch klarerer Blick auf zukünftige Serienmodelle möglich wird.

Bentley EXP 15
Im Design zeigt das fünf Meter lange Konzeptfahrzeug einige Parallelen zu dem 1930 erstmals vorgestellten Dreisitzer Speed Six, das vor allem unter dem Spitznamen »Blue Train« bekannt war. Die lange Motorhaube und die etwas nach hinten versetzte Kabine deuten klar darauf hin. Der Bentley EXP 15 ist das erste vollelektrische Modell, das die traditionsreiche britische Marke präsentiert und soll gleichzeitig ein neues Kapitel in der Bentley Designhistorie einläuten soll. Die Karosserie wirkt insgesamt monolithisch und skulptural, das aerodynamisch optimierte Heck bildet jedoch einen stimmigen Kontrast. Auffallend ist auch der illuminierte Kühlergrill, mit dem die für Bentley typische senkrechte Silhouette eine Neuinterpretation erhält.

Das ikonische Markengesicht wird zitiert, gleichzeitig entsteht eine moderne, digitale Lichtskulptur. Auch am Logo wurde gefeilt: Die ikonischen Bentley-Wings wurden einer sanften Überarbeitung unterzogen und präsentieren sich nun kantiger und schärfer.

Hyundai Concept Three
Mit dem Concept Three gibt Hyundai einen Ausblick auf ein künftiges, kompaktes Elektrofahrzeug, das als Vorbote des Ioniq 3 gilt. Zugleich dient die Studie als Träger einer neuen Designsprache: »Art of Steel«. Diese versteht sich als gestalterische Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Stahl – nicht als bloße Oberfläche, sondern als konstruktiv und formal prägendes Material. SangYup Lee, Executive Vice President und Head of Hyundai & Genesis Global Design, verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Hyundai zu den wenigen Automobilherstellern zählt, die ihren Stahl selbst produzieren. Daraus ergebe sich eine ungewöhnlich enge Verbindung zwischen Design und Fertigung und die gestalterische Fragestellung, wie sich die spezifischen Eigenschaften des Materials sichtbar und erfahrbar machen lassen, statt sie lediglich zu imitieren.

Der Ansatz, das Fahrzeug als Fließheck-Modell zu gestalten, entstand aus dem Wunsch, sich von den in Europa präsenten Schrägheck-Modellen abzusetzen. »Die Silhouette beginnt vorne niedrig, um aerodynamische Vorteile zu erzielen, und steigt dann zu einem markanten Dachprofil an – mit einem Beschleunigungspunkt direkt hinter den Fondpassagieren, wodurch diese maximale Kopffreiheit genießen. Von dort geht sie in einen markanten Ducktail-Spoiler über. Und mal ehrlich – wer liebt Ducktail-Spoiler nicht?«, so Loasby. [SW]


