In Zeiten des Klimawandels und zunehmender Ressourcenknappheit entstehen durch innovative Architekturprojekte, welche in der Neu- und Umnutzung von bereits bestehenden, zurückgelassenen Gebäuden einen besonderen Wert sehen, überraschende und zukunftsweisende Konzepte. Der im gestalten Verlag erschienene Titel Building for Change stellt die spannendsten zeitgenössischen Projekte weltweit führender Architekturbüros vor.
Die Art, wie wir uns bewegen, leben und arbeiten, hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal gewandelt. Mit der stetig wachsenden Weltbevölkerung und ihren Bedürfnissen, welche sich beschleunigt durch Technologie rasant verändern, entwickelt sich auch unser Raumbedarf immer schneller. Dies verlangt nach zukunftsweisenden Architekturkonzepten, die auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren. Immer mehr ArchitektInnen finden mit der Weiterentwicklung und Umverwendung bestehender Gebäude außergewöhnliche Wege, diesem Bedarf nachzukommen und gleichzeitig nachhaltig zu agieren.
Welch wichtige Rolle die Vorgeschichte eines Gebäudes bei seiner Umverwendung spielen kann, zeigt sich zum Beispiel beim Umbau einer ehemaligen Gin-Destillerie in Mailand durch OMA, die in die neuen Räumlichkeiten der Fondazione Prada transformiert und 2015 als solche eröffnet wurde. Durch die Kombination bestehender Gebäude mit neu hinzugefügten Einheiten wurde in den Räumen der Fondazione eine inspirierende Atmosphäre geschaffen, die dem oft repetitiven Ambiente von Kunstausstellungsräumen entgegenwirkt, neue Reaktionen provoziert und so den kreativen Austausch fördern kann.
Eine Reformierung bestehender architektonischer Strukturen kann jedoch auch dafür sorgen, das Gebäude wieder in Einklang mit ihrem Umfeld kommen. So wurde ein ehemaliges Kraftwerk im Herzen Madrids mit seinen robusten Backsteinmauern durch Herzog & de Meuron wieder auf Augenhöhe mit den eleganten Nachbarschaftsgebäuden des Paseo del Prado und des Königlichen Botanischen Gartens gebracht. Durch die bauliche Ergänzung und die Umwandlung des ehemaligen Kraftwerks, in das Kunst- und Kulturcenter der Fundación La Caixa in Madrid, ist es gelungen, das Gebäude in die Umgebung zu integrieren, eine visuelle Verbindung zur umliegenden Architektur zu schaffen und gleichzeitig das industrielle Erbe der Stadt zu würdigen.
In Spaniens nordafrikanischer Enklave Mellila hat die durch Ángel Verdasco Arquitectos durchgeführte Neuausrichtung einer ehemaligen Markthalle zu einer Wiederzusammenführung der lokalen Bevölkerung geführt. Als die Markthalle, welche durch ihre ursprüngliche Funktion auch als Treffpunkt verschiedener Glaubensgemeinschaften der Stadt fungierte, 2003 geschlossen wurde, führte dies zu einem Bruch des lokalen Zusammenhalts. Durch die Wiedereröffnung des Gebäudes als Musikakademie, Sprachschule und Bildungseinrichtung für Erwachsende konnte dieser für die lokale Bevölkerung bedeutende Raum des Zusammenseins wieder und weiterhin als Zentrum interkulturellen Austausches genutzt werden.
Auf 256 Seiten wird in Building for Change anhand zahlreicher Beispiele der unglaubliche Ideenreichtum unserer Zeit demonstriert. Gleichzeitig wird verdeutlicht, welche Bedeutung innovative Architektur nicht nur im Hinblick auf eine nachhaltigere Zukunft hat, sondern auch, wie entscheidend sie unsere kulturellen und räumlichen Erfahrungen der Gegenwart prägt. [MS]
Building for Change. The Architecture of Creative Reuse, 2022. Erschienen im gestalten Verlag.
