Design ohne Einschränkungen

Tradition, Zukunft und ein großes »Was wäre wenn?«

Renders: Ho-jin Choi

Fasziniert von der Eleganz des in den Zwanziger- und Dreißigerjahren populären Bugatti Royale, hat Ho-jin Choi, Designstudent aus Korea, ein Concept Car entwickelt, das traditionelle Designelemente der Luxusautomarke in eine moderne, fast schon futuristische Designsprache übersetzt. Batmobil trifft großes Designerbe, könnte man dazu sagen. Wir haben mit dem jungen, aufstrebenden Designer gesprochen.

Chapter Mit »La belle époque« haben Sie eine Studie entworfen, die sich eindeutig auf den Bugatti Royale bezieht, der in den Zwanziger- und Dreißigerjahren sehr populär war. Was fasziniert Sie an diesem Auto?

Ho-jin Choi Der erste Bugatti, den ich gesehen habe, war der Bugatti Veyron. Damals wollte ich einfach wissen, warum dieses Auto als so wertvoll angesehen wird, also habe ich begonnen, die Marke zu studieren. Während des Designstudiums wurde mir klar, dass es viele attraktive Bugatti-Klassiker gibt und ich bin ganz einfach dem Charme des Oldtimers verfallen. Für mich, der davor nur moderne Autos gesehen hat, war der Bugatti Royale ein Schock – gleichzeitig war es der Moment, in dem ich die Bedeutung des Wortes »Anmut« verstanden habe. Die enorme Größe des Wagens und der außerordentlich luxuriöse Innenraum faszinierten mich sofort.

Chapter Wie haben Sie es geschafft, die heute sehr ungewöhnliche Form des Bugatti Royale in eine solch futuristische Studie zu verwandeln?

Ho-jin Choi Klassische Autos sehen anders aus als die Fahrzeuge, die wir heutzutage auf der Straße sehen. Das liegt auch daran, dass moderne Autos, die für die Massen produziert werden, einfach vielen Einschränkungen und Regeln unterworfen sind. Ich glaube, dass die Autos der damaligen Zeit freier gestaltet waren. Insbesondere die »Architektur« des Bugatti Royale wird immer wieder als Beispiel für Design ohne Einschränkungen gesehen. Inspiriert durch das einzigartige Design des Bugatti Royale, habe ich also mit ganz neuer Perspektive dieses Projekt vorangetrieben. Unter Beibehaltung der großen Architektur des Royale wurden vor allem die beiden vorderen Kotflügel hervorgehoben und modern interpretiert, während ich die Seiten etwas beschnitten habe. Die Front hebt Bugattis ikonischen, hufeisenförmigen Grill hervor und ich habe eine starke Linie verwendet, um die Kotflügel und den Grill zu verbinden, inspiriert von dem klassischen Objekt des Kerzenhalters. Das Heckdesign wurde vervollständigt, indem die Grafik des Rades, das am Royale montiert ist, eingebracht wurde. Ich habe versucht, dass in jeder Ansicht einige der ikonischen Merkmale des Royale hervortreten. Mein Ziel war, ein modernes Design für den Bugatti Royale zu schaffen.

 

Bugatti 1932 Type 41 Royale, Photo Credit: Bugatti

Chapter Wofür stand historisch gesehen die extrem lange Nase des Bugatti Royale?

Ho-jin Choi Soweit ich weiß, symbolisierten der große Grill und die lange Haube die Kraft des Autos.

Chapter Was fasziniert Sie an Bugatti als Marke und Hersteller?

Ho-jin Choi Wenn ich mich mit der Marke beschäftige, fallen mir vor allem die einzigartigen Eigenschaften und das Erbe der Marke auf. Das gilt auch für viele andere Produkte, aber ich glaube, dass gerade Autos stark von jenen Werten beeinflusst werden, die sich im Laufe der Zeit verfestigt haben. Gegenwärtig ist Bugatti als eine Marke bekannt, die Hypercars produziert, früher handelte es sich dabei aber um einen Hersteller, der vor allem für Exklusivität und Luxus bekannt war. Es ist unglaublich spannend, diese Geschichte nachzuzeichnen und sich anzusehen, wie sich die Marke im Laufe der Zeit verändert hat.

 

 

Chapter Woher kommt die Inspiration, wenn Sie an einem neuen Design arbeiten?

Ho-jin Choi Ich lasse mich gerne von klassischen Autos inspirieren. Es gibt so viele Designmerkmale, die wir heute nicht mehr kennen. Und es ist eine großartige Möglichkeit, Klischees zu durchbrechen.

Chapter Was ist für Sie das Schönste am Designprozess?

Ho-jin Choi Ich liebe es, neue Autos zu gestalten. Der Grund dafür ist, dass ich es mag, mich selbst herauszufordern und neue Dinge zu kreieren, anstatt Dinge zu machen, die mir vertraut sind. Ich frage mich also immer: »Was wäre wenn?«

Chapter Haben Sie bereits eine Form von Designphilosophie, die Ihre Arbeit prägt?

Ho-jin Choi Mein Ziel ist es, etwas zu entwerfen, das noch nie jemand zuvor gesehen und erlebt hat. Obwohl es deutlich mehr Überzeugungsarbeit erfordert, weil neue Dinge einfach ungewohnt sind, denke ich, dass Design an Wert gewinnt, wenn es neue Wege einschlägt. Diese Designphilosophie spiegelt meinen Lebensstil wider. In meinem Leben war ich immer daran interessiert, ein unverwechselbarer Mensch zu werden. Daher konzentriere ich mich immer auf jene Aspekte, die Menschen, aber auch Objekte einzigartig machen. Die Automobilbranche verändert sich momentan stark. Ich glaube, dass auch beim Thema Design alles in Richtung Innovation deutet. Für die Marken wird es deshalb immer wichtiger, Designs zu entwickeln, die eine Herausforderung darstellen, die noch nie jemand erlebt hat.

 

 

Chapter Haben Sie Vorbilder?

Ho-jin Choi Früher habe ich viele berühmte Autodesigner bewundert. Heute sind meine Vorbilder jene Menschen, die sich ständig selbst herausfordern, unabhängig von ihrem Job.

Chapter In den letzten Monaten blickte die gesamte Autostunde auf den Bugatti Bolide. Was halten Sie von seinem Exterior Design?

Ho-jin Choi Ich denke, dass das Design des Bugatti Bolide zur aktuellen Ausrichtung von Bugatti passt. Die Identität der »x«-Grafik ist auf jeden Fall sehr stark. Nachdem ich dieses Auto gesehen habe, bin ich mir sicher, dass jeder an das Bugatti-Concept Car denken wird, wenn irgendwo ein »x« auftaucht.