Der stärkste Buchstabe der Welt

50 Jahre BMW M

BMW Turbo 1972, Image Credits: BMW AG

Seit 1972 steht der Buchstabe »M« in der Automobilwelt für Leistung, Kraft und Fahrspaß. Wie sich die BMW-Tochtermarke entwickelte und welche wichtigen Meilensteine es auf diesem kurvenreichen Weg gab, konnte man auf dem diesjährigen Concorso d’Eleganza Villa d’Este am Comer See erleben. Spezielle Jubiläumsmodelle, eine Ausstellung im BMW Museum sowie ein umfassender Bildband honorieren zusätzlich die beeindruckende Historie der Marke.

In den meisten Bereichen des Lebens steht der Buchstabe »M« für eine Kategorie, die auf einer zwischen zwei Polen verlaufenden Skala genau in der Mitte liegt. So absolvieren Pferde, deren Springvermögen bislang noch nicht für den großen Satz an die Spitze ausreichte, Hindernisse der Klasse »M«. Geht es um den Genuss eines Steaks, ist für viele Menschen »Medium« das perfekte Mittelmaß zwischen »roh« und »gut durch«. Und wer sich weder »small« noch »large« fühlt, kauft den Pullover ganz einfach in Größe »M« – um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen. Beim bayrischen Automobilhersteller BMW tanzt man diesbezüglich ziemlich aus der Reihe, denn seit der Gründung der BMW Motorsport GmbH im Jahr 1972 ist klar: »M« steht für Motorsport, für innovative Technologie, beeindruckende Rennwagen und High-Performance-Fahrzeuge, und damit für alles andere als den gemütlichen Mittelweg.

 

BMW M4 CSL

Ein Fest am Festival

Beim diesjährigen Concorso d’Eleganza Villa d’Este, der vor wenigen Wochen vor der Kulisse des Comer See über die Bühne ging, und dabei erneut eindrucksvoll unter Beweis stellte, warum das Festival als weltweit exklusivste Schau historischer Fahrzeuge gilt, wurde das 50-jährige Jubiläum der BMW-Tochtermarke bereits ausgiebig gewürdigt. Unter anderem mit der eigenen Wertungsklasse »50 Years of Mean Machinery – BMW’s M Cars and their Ancestors«. Gewinner der Kategorie: ein BMW 3.0 CSL aus dem Jahr 1972 –  das allererste Modell von BMW M (bzw. damals noch BMW Motorsport). Mit der ebenfalls für alle Wertungsklassen verliehenen so genannten »Mention of Honour« wurde ein BMW 320 Gruppe 5 von 1978 ausgezeichnet.

Als besondere Premiere hatte der mit Spannung erwartete BMW M4 CSL auf dem Concorso d’Eleganza seinen weltweit ersten Auftritt. Das Sondermodell verbindet traditionelle Rennsportleidenschaft mit innovativer Technologie. Konsequenter Leichtbau und eine gesteigerte Leistung des Reihen-Sechszylinder-Motors machen ihn zum schnellsten Modell der Baureihe mit Straßenzulassung.

Und auch BMW Motorrad ließ es sich nicht nehmen eine besondere Jubiläumsedition zu präsentieren: die BMW M RR 50 Years M, basierend auf dem radikalen Supersportler M 1000 RR.

 

BMW M RR 50 Years
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BMW M RR 50 Years

Rennsportgeschichte in Museum und Bildband

Den runden Geburtstag zum Anlass nehmend, wurde dieses Jahr auch eine eigene Ausstellung im BMW Museum in München ins Leben gerufen, welche noch bis zum Jahresende besucht werden kann. Auf einem eigens geschaffenen BMW M Parcours, der einer Rennstrecke nachempfunden ist, durchlaufen die BesucherInnen dort weite Teile des Museums und können verschiedenste Aspekte der Marke bewundern: Von der Rennsport Tourenwagengeschichte über die Manufaktur BMW Individual bis hin zu den BMW Art Cars

Weitere spannende Einblicke und faszinierende Bilder in 50 Jahre BMW M GmbH bietet auch das neu erschienene Buch BMW M: Der stärkste Buchstabe der Welt. Ein beeindruckender Bildband der aus unterschiedlichen Blickwinkeln den Erfolg von BMW M beleuchtet.

Jene Geschichte des »stärksten Buchstabens der Welt« begann mit Robert Anthony Lutz, einem Schweizer mit US-Pass, der am 1. Januar 1972 von Opel als Vorstand für Vertrieb zur BMW AG wechselte – begleitet von der Überzeugung, dass sich ein modern geführtes Motorsport-Engagement positiv auf die Marke BMW auswirken könnte. Gemeinsam mit Rennleiter Jochen Neerpasch, der auch Geschäftsführer der Marke werden sollte, nahm er sich der Sache also an. Die erste große Aufgabe in dieser Anfangszeit war, den BMW 3.0 CSL, der heute als einer der beiden Vorläufer aller M-Modelle gilt, für die Rennsaison 1973 fit zu machen. 

Das zweite Fahrzeug, das prägend war, obwohl es wie der BMW 3.0 CSL noch kein »M« im Namen trug, ist der BMW Turbo 1972. Der von Optimismus, visionärem Denken und Science Fiction geprägte Zeitgeist bot die perfekte Möglichkeit, das allererste je bei BMW entwickelte Visionsfahrzeug zu präsentieren. Der BMW Turbo 1972 war Prototyp, Designstudie und vielseitiger Technologieträger zugleich. »Ein Forschungslabor auf vier Rädern«, wie in der bildstarken Aufarbeitung BMW M. Der stärkste Buchstabe der Welt nachzulesen ist. Mit seiner ausgeprägten Keilform nahm er außerdem bereits den Aufbau des BMW M1 von 1978 vorweg. 

 

BMW 3.0 CSI, Image Credits: BMW Group

Vom M1 zum Concept XM

Ein zu dieser Zeit unüblicher Gedanke ebnete dem M1, dem allerersten reinen M-Fahrzeug, den Weg: Jochen Neerpaschs Plan war, ein Rennfahrzeug zu entwickeln, um daraus ein Straßenfahrzeug abzuleiten. Dafür kam hochkarätige Hilfe aus Italien. Giorgetto Giugiaro, damals Chefdesigner von Italdesign, wurde mit der Aufgabe betraut, den Fahrzeugentwurf zu Papier zu bringen. Die gestalterischen Vorgaben waren durchaus konkret: Man wollte sich auf das Visionsfahrzeug von 1972 berufen, ohne dabei auf die unverkennbaren BMW-Designelemente verzichten zu müssen. Das Ergebnis war ein sehr flaches und breit gelagertes Fahrzeug, das Kraft und Eleganz gleichermaßen verkörperte.

BMW M1 1979, Image Credits: BMW AG

Außergewöhnlich prägend für Marke war auch der BMW M3, der von Seiten des bayrischen Herstellers auch als »Basis und Rückgrat aller marktstrategischen Überlegungen« bezeichnet wird. »In seinem Exterieurdesign bilde sich idealtypisch der Werdegang von BMW M über sechs Generationen in einem Zeitraum von 35 bis 40 Jahren ab«, heißt es in dem von Andreas Braun herausgegebenen Bildband. Die frühesten Exemplare des stets elegant anmutenden Kraftpakets rollten 1986 vom Band. Auffällig ist, wie ähnlich sich Serien- und Rennversion sind. Heute ist bereits die sechste Generation (G80) auf dem Markt. 

Das Visionsfahrzeug BMW Vision M Next, das 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, sorgte vor allem aufgrund seines futuristischen Exterieurs für Aufsehen. Doch beim näheren Hinsehen fällt auf, dass die Herzen dreier BMW-Klassiker in seiner Brust schlagen – nämlich jene des BMW Turbo 1972, des BMW M1 und auch des BMW i8.

 

Image Credits: BMW Group
BMW Vision M Next, Image Credits: BMW Group

Auch bei der Gestaltung des 2021 bei der Art Basel Miami vorgestellten Concept XM entschied sich das Designteam der BMW M GmbH für eine expressive, futuristische Formgebung. »Das Design des BMW Concept XM ist ein extravagantes Statement von BMW M im absoluten Luxussegment. Es ist kompromisslos eigenständig und verkörpert wie kein anderes Fahrzeug im BMW Portfolio einen expressiven Lifestyle«, so Domagoj Dukec, Leiter BMW Design. Außergewöhnlich ist auch, dass das für Ende 2022 geplante Serienfahrzeug, der BMW XM, welches den am Concorso d’Eleganza Villa d’Este anwesenden MedienvertreterInnen auch bereits in einem »Closed Room« präsentiert wurde, sehr nah an der Studie bleibt. »Der BMW XM  wird ein Fahrzeug der Superlative sein«, kann in BMW M. Der stärkste Buchstabe der Welt nachgelesen werden. »Das stärkste Serienauto der Unternehmensgeschichte, der wahrscheinlich stärkste SUV seiner Zeit, eines der größten Modelle der BMW-Produktpalette und das erste eigenständige Automobil der BMW M GmbH nach fünf Jahrzehnten. Das bisher einzige reine M-Modell war der Supersportwagen BMW M1 von 1978«.

 

BMW Concept XM, Image Credits: BMW Group

Ein »glücklicher Spagat«

Bei den reinen M-Fahrzeugen, aber vor allem bei den M-Performance-Modellen, ist die spür- und sichtbare Nähe und Verbundenheit zu BMW erwünscht. Die M-Performance-Modelle bauen konzeptionell auf aktuellen BMW-Modellen auf und entwickeln diese mit dem Know-how von BMW M weiter – auf eine Weise, die Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit miteinander verbinden soll. Als »glücklichen Spagat zwischen dem verwandtschaftlichen Bekenntnis zu BMW und dem Wunsch nach größtmöglicher Freiheit und Eigenständigkeit« bezeichnet der deutsche Automobilhersteller die Verbindung zwischen Mutter- und Tochtermarke. Was Letztere ausmacht und in welche Richtungen sich der Einflussbereich der Marke, vor allem im Rennsportbereich, stetig vergrößerte, kann in einem solchen Artikel nur angerissen werden. Wesentlich umfassender beschäftigt sich der in diesem Text schon mehrfach erwähnte Bildband BMW M. Der stärkste Buchstabe der Welt damit und liefert mit vielen Bildern und kurzweiligen Erklärungen auch Einblicke in Rennsport, DTM, Formel 1 und Formel E. 

Nicht immer ist es so, dass ein runder Geburtstag gleichzeitig auch bestätigt, dass etwas eine runde Sache ist. Auf die BMW M GmbH scheint es allerdings zuzutreffen. Oder um es mit den Worten von Franciscus van Meel, CEO der BMW M GmbH, zu sagen: »Im Mai 1972 – vor mittlerweile 50 Jahren – wurde die BMW Motorsport GmbH gegründet. Was damals mit Vorstellung beim Amtsgericht nicht mehr als eine juristische Pflichtveranstaltung war, erwies sich im Lauf der Jahre als ein besonderer Glücksfall für das Unternehmen. Denn der Motorsport hat wesentlich zur Wahrnehmung der Marke BMW und ihrem sportlich-dynamischen Image beigetragen.« [SW / CS]