Seit er vor hundert Jahren der Öffentlichkeit präsentiert wurde, hat der Rolls-Royce Phantom eine Vielzahl unterschiedlicher Reisen unternommen und auch in der Kunstwelt seine Spuren hinterlassen. Er wurde von Salvador Dalí mit Blumenkohl angefüllt, von Andy Warhol und John Lennon verehrt und war Protagonist in so manchem Hip-Hop-Video.
1904 gründeten Charles Rolls und Henry Royce die Automobilmarke Rolls-Royce. Etwas mehr als 20 Jahre später wurde der Phantom der Öffentlichkeit präsentiert – jenes Modell, das rasch zum Zugpferd der britischen Luxusautomobilmarke wurde. Obwohl das Auto im Laufe der Jahrzehnte viele verschiedene Entwicklungsstufen durchlief, blieb eine Sache stets konstant – seine Verbindung zur Kunstwelt. »For 100 years, the Rolls-Royce Phantom has moved in the same circles as the world’s leading artists. As a symbol of self-expression, Phantom has often featured in incidents of creative significance – many of them defining moments of the last decade. As we mark Phantom’s centenary, it is the perfect time to reflect on this motor car’s endlessly intriguing legacy and the artistic personalities who played a role in shaping its story«, so Chris Brownridge, Chief Executive Officer bei Rolls-Royce. Das hundertjährige Jubiläum des Phantom sei, so Brownridge, ein guter Zeitpunkt, sich all den unterschiedlichen Berührungspunkten zwischen der Marke Rolls-Royce und der Welt der Kunst zu widmen.
»The King of Rock’n’Roll« im doppelten Sinne: Der Rolls-Royce Phantom von Elvis Presley, 1963
Dalí, Warhol und der Blumenkohl – Rolls-Royce Phantom in der Kunst
Und davon gab es eine ganze Menge: Große Künstler:innen wie Salvador Dalí, Andy Warhol, Henri Matisse, Pablo Picasso und Cecil Beaton wurden immer wieder in unterschiedlichen Modellen der Marke gesichtet. Dame Laura Knight, die als erste Frau in die Royal Academy of Arts aufgenommen wurde, nutzte ein Fahrzeug der britischen Luxusmarke sogar als mobiles Atelier. Man sah sie damit auf Rennstrecken wie Epsom oder Ascot. Auch die bedeutendsten Sammler:innen der Welt fühlten sich von der Marke angezogen, darunter Jacquelyn de Rothschild, Peggy Guggenheim und Nelson Rockefeller.
»Art is what you can get away with«? Andy Wahrols außergewöhnlich umgestalteter 1937er Phantom
Der Phantom nahm jedoch stets eine Sonderstellung ein, wenn es um den kreativen Austausch zwischen diesen beiden Welten ging. So reiste Salvador Dalí zu einem Vortrag an der Pariser Universität Sorbonne im Jahr 1955 in einem mit 500 Kilogramm Blumenkohl angefüllten schwarz-gelben Rolls-Royce Phantom an, den er sich von einem Freund geliehen hatte. Dieser denkwürdige Moment war jedoch nicht das einzige Mal, dass Dalí dem Phantom ein künstlerisches Denkmal setzte. Ein Bild, das er 1934 für ein illustriertes Buch mit dem Titel »Les Chants de Maldoror« malte, enthielt eine surreale Interpretation des Fahrzeugs. Sein Kunstwerk zeigt den Phantom in einer trostlosen, eisigen Landschaft, verlassen und scheinbar eingefroren. Dalís Talent, Opulenz mit Absurdität zu verbinden, kommt in dieser Darstellung besonders klar und eindringlich zum Ausdruck.
Automobiler Summer of Love: John Lennon’s psychedelisch anmutender Rolls-Royce Phantom V, 1967
Während sich Dalí den Phantom für seine spektakuläre Blumenkohl-Ausfahrt nur auslieh, besaß Andy Warhol tatsächlich einen – ein Modell aus dem Jahr 1937, das er 1947 zu einem Shooting Brake umbauen ließ. 1972 kamen Warhol und sein Schweizer Agent Bruno Bischofberger zufällig an einem Antiquitätengeschäft in Zürich vorbei, wo das Fahrzeug zum Verkauf stand. Warhol kaufte es sofort und ließ es nach New York verschiffen. Erst im Jahr 1978 verkaufte er das Auto an seinen Freund und Manager Fred Hughes.
Anlässlich des hundertjährigen Geburtstags des Phantom hat Rolls-Royce die beiden zeitgenössischen Künstler Omar Aqil und Emmanuel Romeuf dazu eingeladen, sowohl Dalís als auch Warhols Berührungspunkte mit dem Phantom künstlerisch zu interpretieren. Die Tradition der künstlerischen Zusammenarbeit mit den wichtigsten Kreativen ihrer Zeit reicht jedoch bis an die Anfänge der Marke zurück. Schließlich war es Charles Robinson Sykes, ein bildender Künstler, der das wichtigste Symbol der Marke – die Spirit of Ecstasy – schuf. Seit 1911 ziert die kleine Statue, die an die griechische Skulptur »The Winged Victory of Samothrace« angelehnt ist, jedes Fahrzeug des britischen Herstellers.
Der Rolls-Royce Phantom in der Popkultur
Auch in der Popkultur hat der Phantom seine Spuren hinterlassen. Bekannt wurde das Auto unter anderem als Fahrzeug des Schurken Auric Goldfinger im gleichnamigen James-Bond-Film von 1964. Im selben Jahr entstand in Großbritannien der Episoden-Spielfilm »Der gelbe Rolls-Royce«, in dem ein gelber Phantom II im Mittelpunkt steht. Auch zahlreiche Musiker:innen besaßen einen Phantom oder ließen sich von ihm inspirieren. 1963, auf dem Höhepunkt seines Ruhms, kaufte sich Elvis Presley einen Phantom V in Midnight Blue.
Inszenierung zum hundertjährigen Jubiläums: Ein Rolls-Royce Phantom im Swimmingpool; Tinside Lido, Plymouth, August 2025
Auch John Lennon besaß einen Phantom V. Das eigentlich schwarz lackierte Auto begleitete ihn durch unterschiedliche Phasen seines Musikerlebens. So ließ er es, kurz bevor »Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band« erschien, gelb lackieren und bunt bemalen. Die jüngere Generation sah in dem Auto eine perfekte Verkörperung des Summer of Love, ältere Menschen empfanden es als skandalös. So wurde eine ältere Frau, die Lennons bunt bemalten Phantom die Londoner Straße Piccadilly entlangfahren sah, dabei beobachtet, als sie schrie: »How dare you do that to a Rolls-Royce!«. Danach schlug sie mit ihrem Regenschirm auf den Lack.
Rund um das Jahr 2000 entdeckte schließlich auch die Hip-Hop-Szene die Strahlkraft des Phantom für sich. Unter anderem waren Pharrell Williams und Snoop Dogg 2004 in ihrem Musikvideo zu »Drop It Like It’s Hot« mit einem Phantom VII zu sehen.
Im August 2025, anlässlich seines hundertjährigen Jubiläums würdigte Rolls-Royce den Mythos Phantom nun mit einer ungewöhnlichen Inszenierung: Ein Phantom Extended, ein ausrangierter Prototyp, wurde im Art-Déco Swimmingpool des Tinside Lido in Plymouth versenkt – jenem Ort, an dem die Beatles 1967 während der Dreharbeiten zu The Magical Mystery Tour fotografiert wurden. Im selben Jahr präsentierte John Lennon seinen gelb bemalten Phantom V, der bis heute als Symbol einer ganzen Ära gilt. So spannt sich der Bogen von den großen Künstler:innen der Moderne bis zur Popkultur des 20. Jahrhunderts – und zeigt, wie tief der Phantom in der Geschichte von Kunst und Musik verwurzelt ist. [SW]