Am heutigen 14. Oktober feierte Mercedes-Benz die Weltpremiere des Vision Iconic in Shanghai. Ein Showcar, das Markenhistorie und -zukunft gleichermaßen zelebriert und dabei weniger Ausblick auf ein konkretes Serienmodell gibt, als vielmehr auf die nächste Stufe der Designphilosophie. Chapter war vor Ort, als Chief Design Officer Gorden Wagener zeigte, wie sich Handwerk, Technologie und Ästhetik zu einer neuen Vorstellung vom Ikonischen verbinden.
Der Schauplatz für die Premiere des neuesten Mercedes-Benz Vision Cars war dabei sehr bewusst gewählt: Shanghai – eine Stadt geprägt durch architektonische Gegensätze, zwischen Art-déco-Erbe und futuristischer Skyline. Eine treffende Analogie zum Vision Iconic, der Tradition und Zukunft zu einer spannenden Form verbindet – inspiriert vom Art déco und der goldenen Epoche des Automobildesigns der 1930er Jahre.
Für Chefdesigner Gorden Wagener verkörpert der Vision Iconic die pure Essenz von Mercedes-Benz: »Mit seiner scheinbar endlosen Motorhaube, die ihm eine majestätische Präsenz verleiht, skulptural fließenden Linien und einem Hauch von Art déco erhebt er sich zu einer wahren Ikone automobiler Schönheit. Der Vision Iconic ist mehr als nur ein Automobil – er ist eine Skulptur in Bewegung, eine Hommage an zeitlose Eleganz und ein Statement für die Zukunft: the most beautiful, most prestigious kind of thing«, erklärt er zur Weltpremiere.
Lichtgestalt
Die Front des Vision Iconic wird durch den neu interpretierten Mercedes-Grill definiert, der künftig kraftvoll leuchtend die Markenidentität prägen soll. Der klassische Chromrahmen bleibt, doch seine Flächen sind beim Vision Iconic von Rauchglas, feinen Lichtkonturen und einem illuminierten Stern auf der Motorhaube durchzogen. Er soll, so Mercedes-Benz-Chefdesigner Gorden Wagener, eine zukunftsweisende Hommage an den traditionellen Chromgrill bilden, der das Gesicht von Mercedes-Benz seit über 100 Jahren prägt.
Fließende Linien, eine tiefschwarze Hochglanzlackierung und schmale Scheinwerfer mit neuester Lichttechnologie verstärken die elegante Erscheinung, die ganz besonders durch die langgezogene Motorhaube definiert wird. Damit greift Mercedes-Benz eine Kernidee der Marken-Designphilosophie der »Sensual Purity« auf: Die Mercedes-typische »Sinnlichkeit« entsteht nicht durch Komplexität, sondern durch das Wechselspiel von klaren, fließenden Linien, skulpturalen Flächen und einer mal mehr, mal weniger stark dosierten Opulenz.
Hyper-analoge Luxus Lounge
Im Innenraum zeigt der Vision Iconic einen Ausblick auf zukünftige, luxuriöse Fahrerlebnisse: Die Transformation vom klassischen Fahrerplatz hin zu einem Ort des bewussten Reisens und automatisierten Fahrens bildet die Grundlage für ein neues Innenraumkonzept mit Lounge-Atmosphäre. Eine durchgehende Sitzbank aus tiefblauem Samt ersetzt die Einzelsitze; der Raum wirkt offen, ruhig und – man könnte sagen – fast schon »theatralisch« inszeniert.
Zentrum des Interieurs ist der sogenannte »Zeppelin« – eine schwebende Glaskonstruktion, die Instrumente, Anzeigen und handgefertigte Details in sich vereint. Beim Öffnen der Tür zeigt die Skulptur eine Choreografie, die von High-End-Chronographen inspiriert ist. Dahinter wird es noch opulenter: Hier entfaltet sich eine Zierfläche aus schimmernden Perlmuttintarsien, die in polierte Messingelemente übergeht. Diese Motive, ergänzt durch Strohmarketerie im Boden, verweisen wiederum auf das Art déco der 1920er-Jahre. Man darf dies als ein für ein Showcar bewusst überzeichnetes Zitat einordnen – und als den Versuch, den Begriff des Luxus in die Gegenwart zu übersetzen.
Doch wie stellt man sicher, dass jene Interior-Opulenz die Marken-Designphilosophie der »Sensual Purity« stützt und nicht ins Dekorative kippen lässt – und wie lotet er hier die Grenzen aus, wollen wir von Gorden Wagener im Gespräch wissen. »Also, es ist natürlich auch ein bewusst provokatives Interior«, erläutert er, »ganz besonders, weil es keinerlei Screens gibt – es ist komplett analog.« Für Gorden Wagener ist die Botschaft hinter dem Hyper-Analogen des Fahrzeugs auch als Gegenkonzept zur allgegenwärtigen, vollständigen Digitalisierung zu verstehen – und damit auch ein Statement für langlebigen Luxus statt kurzlebiger digitaler Trends. Eine Philosophie, die den Kern der Markenphilosophie von Mercedes-Benz bildet.
Das Spannungsfeld zwischen hyper-analoger Reduktion und Opulenz soll also die Philosophie der »Sensual Purity« nicht aufweichen, sondern erweitern. Die kontrollierte Üppigkeit und showcar-typische Provokation verleihen dem Vision Iconic jene emotionale Tiefe, die Gorden Wagener seit Jahren auch als Designphilosophie beschreibt. Schönheit und Intelligenz sollen nicht als Gegensätze verstanden werden, sondern als sich gegenseitig stabilisierende Kräfte – die »Sinnliche Klarheit« als Resonanzraum der Technik.
Technologie als Gestaltungselement
Und ganz in diesem Sinne verbirgt sich hinter der skulpturalen Ruhe des Vision Iconic ebenjene innovative Technologie. Neuromorphes Computing, also eine Prozessorarchitektur nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns, soll die Energieeffizienz autonomer Systeme um bis zu 90 Prozent verbessern. Das Lenkungssystem »Steer-by-Wire« ersetzt die mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern und erlaubt dadurch mehr Freiheit im Innenraumdesign.
Ebenso bemerkenswert ist die neu entwickelte Solarlackierung, deren photovoltaikaktive Schicht nahtlos in die Karosserie integriert ist. Unter optimalen Bedingungen könnte eine Fläche von rund elf Quadratmetern jährlich Energie für bis zu 12.000 Kilometer erzeugen – ein Hinweis darauf, dass Form und Funktion hier erstmals auch im Material selbst verschmelzen.
Design, Mode und Erzählung
Begleitend zum Showcar präsentierte Mercedes-Benz in Shanghai auch eine Capsule Collection – sechs Outfits, die die Farb- und Materialwelt des »Vision Iconic« aufgreifen: dunkles Blau, silbergoldene Akzente, klare geometrische Formen. Die Kollektion soll als visuelle Übersetzung der Idee von »Iconic Luxury« fungieren. Parallel zur Premiere des Vision Iconic erscheint außerdem das Buch »Iconic Design«, das die neue Designphilosophie von Mercedes-Benz dokumentiert – mit Interviews, Entwurfsstudien und bisher unveröffentlichten Bildwelten.
Ein Statement in Bewegung
Mit dem Vision Iconic zeigt das Designteam von Mercedes-Benz, wie sich Ikonografie in einer vollelektrischen, digitalen Zukunft fortschreiben lässt. Das Fahrzeug ist nicht nostalgisch, sondern bewusst ambivalent. Und so schließt sich der Kreis: In Shanghai, wo Vergangenheit und Zukunft ineinandergreifen, wird sichtbar, dass Ikonizität nicht aus der Entscheidung zwischen Alt und Neu entsteht – sondern aus ihrem Gleichgewicht. [CS]