Text Thomas SCHWARTZ
Seit über einem Jahrhundert pflegt Montblanc ein klar definiertes Markenbild, das eng mit Begriffen wie handwerklicher Präzision, Materialqualität und Verlässlichkeit verbunden ist. Die 1906 als »Simplo Filler Pen Co. Max Koch« in Hamburg gegründete Manufaktur fokussierte sich von Anfang an auf die Herstellung hochwertiger Schreibgeräte, mit dem Füllfederhalter als zentralem Produkt. Besonders prägend wurde dabei die 1924 eingeführte »Meisterstück«-Linie — bis heute Inbegriff höchster Fertigungsstandards und eines kompromisslosen Qualitätsversprechens. In unserer Rubrik »Repro« zeigen wir historische Werbesujets von Montblanc, die diesen Anspruch schon früh visuell formulierten.
1910
1919
Um jenen Anspruch des Unternehmens, das heute unter anderem auch Uhren, Schmuck und Lederwaren anbietet, zu unterstreichen, setzte Montblanc seit jeher auch auf den gezielten Einsatz von Symbolik und Storytelling. Das beginnt bereits bei der Wahl von Markenname und Logo: Der Bezug auf den höchsten Berg der Alpen soll die herausragende Qualität der Produkte symbolisieren, während das weiße Stern-Emblem auf die sechs schneebedeckten Gipfel des Alpenmassivs verweist. Zudem ist die Nummer 4810, eine Reminiszenz an die offiziell gemessenen Höhenmeter des Mont Blanc, auf jeder Meisterstück-Feder eingraviert. Auch in der Werbung fand die klare Positionierung des Unternehmens ihren Ausdruck. Bereits in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts trugen erste Kampagnen dazu bei, Montblanc als international angesehenen Hersteller exklusiver Schreibgeräte und als das Symbol kultivierter Schreibkultur zu etablieren. Die Schreibgeräte wurden jedoch nicht als klassische Luxusobjekte dargestellt, sondern — bildlich wie wörtlich — als herausragende Gebrauchsgegenstände, eine Haltung, die Montblanc in seiner Kommunikation bis heute fortsetzt.
1925
1935
In den 1920er-Jahren wurde der charakteristische Markenstil insbesondere durch die bedeutende Grafikerin Grete Gross geprägt, die als Leiterin der neu geschaffenen Werbeabteilung das gesamte Erscheinungsbild der Marke grundlegend formte. Während ihrer Ära wurde ein ganzheitliches Konzept für Montblancs visuelle Kommunikation kreiert, das unter anderem Anzeigen, Verpackungen und auch die Ladengestaltung umfasste. Ihr Stil zeichnete sich vor allem durch stilisierte Formen, dynamische Layouts und kräftige Typografie aus. Die von Gross gestalteten Werbesujets setzten auf Klarheit und Geometrie und kombinierten diese mit für die Epoche progressiven Bildideen: Das Schreibgerät als »König der Füllhalter« mit Krone oder diagonal über die Bildfläche, mit goldfarbener Schleife als »Auszeichnungsträger« präsentiert (»Der Qualitäts-Füllhalter«).
1973
1990
Auch in den folgenden Jahrzehnten bewegte sich die Bildsprache zwischen grafischer Zuspitzung, funktionaler Darstellung und gelegentlich plakativer Typografie — doch blieb der Ton zurückhaltend, zuweilen fast dokumentarisch. So wirken Anzeigensujets mancher Epochen in ihrer reduzierten Gestaltung und dem Fokus auf Funktion, Materialität und handwerkliche Qualität beinahe sachbuchartig. Denn auch wenn sich Montblanc zunehmend als eine der weltweit führenden Luxusmarken etablierte — die Werbebotschaften formulierten keine übergeordneten Versprechen und argumentierten kaum über gesellschaftlichen Status. Stattdessen bleibt die Kommunikation bis heute nah am Produkt und den zugrunde liegenden höchsten Qualitätsstandards. Man könnte attestieren: Was Bestand hat, braucht keine überschwängliche Erzählung.
ARTIKEL ERSTMALS VERÖFFENTLICHT IN CHAPTER №XII »SIMPLICITY« – SOMMER 2025